Würde in der Tinder-Bio eines Mannes „Ich saß wegen Körperverletzung im Knast“ stehen, wie viele von uns würden dann noch für ein Match nach rechts wischen? Hand aufs Herz: Da kann das Lächeln noch so sympathisch, der Body noch so umwerfend sein … die Bereitschaft, ein erstes Date zu verabreden, wäre mit einem Mal in etwa so groß wie die, sich mit voller Wucht an einem Rosendorn zu stechen.
Eben dieses Gedankenspiel drängt sich aber förmlich auf, wenn man sich die aktuelle Bachelor-Staffel anschaut. Hier hat RTL mit Sebastian Preuss (29) erstmals einen Bachelor gecastet, auf den genau diese Kurzfassung zutrifft.
Sebastian Preuss: „Ich bin abgerutscht“
Oder, wie er selbst bereits vor dem Start der Sendung im RTL-Gespräch erklärte: „Ich bin abgerutscht, bis ich mit 18 wegen Körperverletzung für ein halbes Jahr in U-Haft saß. Erst da bin ich zum Denken gekommen. Danach habe ich mein Leben komplett geändert! Es hat mich zu dem gemacht, der ich heute bin.“
Zu jemandem, der dennoch einen relativ guten Stand bei den Bachelor-Kandidatinnen hat. Nur nach und nach erfahren die Damen von Sebastians krimineller Vergangenheit. So etwa Kandidatin Linda Reschke (24), die, als Sebastian ihr beim Date eröffnet, dass er mehrere Menschen verprügelt hat und deswegen inhaftiert wurde, überrascht lächelt, um dann humorig festzustellen: „So ein Draufgänger warste.“
Ein Euphemismus, der hoffentlich einfach einer ausgeprägten Date-vor-Kamera-Nervosität geschuldet ist, sonst müssten wir die Bezeichnung an dieser Stelle gegen das eigentlich schon gekürte Unwort des Jahres austauschen.
Denn fast zeitgleich mit der Ausstrahlung besagter Bachelor-Folge passierte etwas, das Medien-Profis längst hätten absehen können: Posts mehrten sich im Netz, in denen angebliche Hintergründe zu Sebastians Tat aufgedeckt wurden. Vom „Schwanendrama“ war plötzlich die Rede, einem Überfall, bei dem ein gewisser „Sebastian P.“ 2009 gemeinsam mit einem Freund einen jungen Mann mit einem wehrlosen Schwan attackiert und den Mann anschließend verprügelt haben soll. Ob es sich bei dem „unberechenbaren Serien-Straftäter“ mit den „massiven schädliche Neigungen“ tatsächlich um Sebastian Preuss handelt, wissen wir nicht. Die Parallelen sind allerdings nicht von der Hand zu weisen.
„Die Behauptungen sind falsch“
+++ In der Zwischenzeit hat sich nun Sebastian Preuss selbst zu den Gerüchten geäußert. +++
Im RTL-Interview will er klarstellen:
„Ich war an meinem 18. Geburtstag mit meiner damaligen Freundin an der Isar, mein Bruder war parallel da. Dessen Freunde hatten Streit mit Jemandem, den Streit wollte ich schlichten. Der Streit ist eskaliert, als der Typ auf mich losgegangen ist. Ich hatte damals einen Schäferhund-Welpen, mit dem ich abgehauen bin. Es gab keine Zeugen, die Behauptungen sind falsch und absurd. Ich habe nie einem Tier etwas zuleide getan, ich bin mit Tieren aufgewachsen. Wie soll das auch gehen, so einen Schwan zu packen? Mir liegt jedenfalls das Wohl von Tieren sehr am Herzen.“
BILD konfrontierte derweil das Opfer mit Preuss‘ Schilderungen. Per Mail lässt er ausrichten, was der Bachelor behaupte, sei „in Gänze gelogen“. Er wolle sich „als Verwechslungsopfer und Justizopfer darstellen“.
RTL bezieht Stellung
Nicht nur wir fragen uns, inwieweit ein Bachelor, der Woche um Woche vor einem Millionenpublikum nach der großen Liebe sucht, noch zu vereinbaren ist, mit dem Fünkchen Überrest von Vorbild-Funktion, das an guten Tagen bei den Protagonisten des deutschen TV zu finden ist.
Wir haben also RTL kontaktiert und nachgefragt.
Wir wollten wissen, inwieweit die Auswahlkriterien von RTL beim Casting des Bachelors mit dem Vorstrafen-Register bzw. einer Inhaftierung kollidieren und warum er trotzdem als Bachelor ausgewählt wurde.
Hier kommt die Antwort …
„Natürlich haben wir uns mit der Vergangenheit von Sebastian auseinandergesetzt und sind vor allem unter Berücksichtigung seines positiven Wandels in den letzten Jahren zu dem Schluss gekommen, dass er wie jeder andere, der seine Verfehlungen der Vergangenheit bereut und eine Strafe verbüßt hat, eine zweite Chance verdient hat. Sebastian hat einen ungewöhnlichen Lebensweg und ist damit ein außergewöhnlicher Bachelor. Inzwischen distanziert er sich von jeglicher Form von Gewalt, bereut seine Fehler und hilft sogar, jungen Menschen Wege aus der Kriminalität aufzuzeigen: Gemeinsam mit seinem ehemaligen Bewährungshelfer ist er an einem Projekt beteiligt, bei dem er Jugendlichen aus Problemvierteln und jungen Straftätern Alternativen und Perspektiven im Leben aufzeigen will. Dabei erzählt er ihnen von seiner Vergangenheit und zeigt ihnen, wie sie mit dem richtigen Fokus im Leben und Sport in Form von Kickboxen ihre Zukunft positiv gestalten können.“
Klingt plausibel, finden wir! Ob sich Sebastians Vorgeschichte letztlich doch noch als Killer für eine Kandidatin entpuppt, bleibt abzusehen. Und dass mit einem „Knasti-Bachelor“, wie Sebastian Preuss gerne in den Medien betitelt wurde, durchaus auch die PR-Maschinerie angekurbelt und die Einschalt-Quoten in die Höhe getrieben werden? Müssen wir wohl kaum erwähnen.
Der Bachelor läuft immer mittwochs um 20:15 Uhr auf RTL.