„Bachelorette, 2020, mein Leben ist nice!“
Mit diesem Leitspruch von Kandidat Emre, ihr wisst schon, der Johnny-Depp-Verschnitt, geh ich ab sofort durch den Rest des Jahres. Und somit herzlich willkommen zum Recap der allerersten Folge „Bachelorette“ mit Melissa Damilia, Daniel, Daniel, Daniel, Daniel und 16 weiteren Kandidaten, denen das Testosteron nur so bis zum Hals steht. Hätte ich gestern Abend ein Trinkspiel draus gemacht, immer dann zu saufen, sobald man Melissa heulen sieht, wäre spätestens um 21 Uhr Zapfenstreich für mich gewesen. Wovon ich die Hälfte der Zeit noch damit verbracht hätte, mich zu fragen, ob das über Melissas Oberlippe denn nun ein Leberfleck oder ein Piercing-Loch sei. Nur, um dann enttäuscht festzustellen, dass Letzteres der Fall ist.
Die Folge startet in gewohnter Manier mit der Vorstellung Melissas Person – unterlegt mit dramatischen Klängen – bei denen RTL mal wieder alles an Kindheitstraumata rausgeholt hat, was ging. „Ich konnte mir früher keine Laugenstange beim Bäcker kaufen, weil ich einfach so schüchtern war…“ Scheiße. Mich hat Mutti mit 8 Jahren mit handgeschriebener Vollmacht auf dem Rückweg von der Grundschule zu Schlecker geschickt, um ihr Kippen mitzubringen. Da staunste! Auch der Verweis auf das frühere Techtelmechtel mit Pietro Lombardi darf nicht fehlen. Die wichtigen Meilensteine im eigenen Lebenslauf gebühren natürlich einer Erwähnung. Findet er übrigens scheiße, wie er in seiner Insta-Story verkündet. Viel mehr hängen geblieben ist von ihr erstmal nicht. Außer, dass die Eltern kein Bock aufs TV haben. Gutes Elternhaus.
Schauen wir uns die Boys mal an. Das wird gut. Ich hab meine Tage. Feuer frei.
Da wäre zum Beispiel Leander (Mitte). 22. Melissa will „einen richtigen Mann“, passt ja. Leanders Look ist ähnlich schmalzig wie sein Name, aber kann er ja nix für. Der Jüngling ist selbstständig und hat eine Brand. Ok. Und er ist ein Freund von Melissas Ex. Als die Konfrontation aufkommt, ist Leandi plötzlich leichenblass. Oh nein! Er sieht seine Fälle davon schwimmen. Dabei hatte er „mit dem Code LEANDER20 spart ihr 20% auf die neue Baumwoll-Leggins“ doch so oft geübt. Aber Glück gehabt. Sie einigen sich: Sie wollen sich kennenlernen. Scheiß auf Freundschaften! Nur die Liebe Quote zählt. Dann Moritz, links im Bild. Der’s doch ganz süß. Hat sogar seinen Job aufgegeben, nur für Melissa. Das ist die Hingabe, die man sich von einem Mann wünscht! Endlich einen arbeitslosen Mann daten, da wird mir warm ums Herz.Weiter im Text mit Johnny Depp. Also, Emre. Ich weiß nicht, was der geraucht, geschnüffelt oder gezogen hat, aber ich will es… nicht. „Aussehen her von ner Skala von 0 bis 10 würdichsagn 10.“ Jut, Kollege!
Dann Alex Gerárd. Nicht zu verwechseln mit Geramont, das ist Käse. 1/3 Haar, 1/3 Bizeps, 1/3 Mensch. „Boah, Tarzan, auf den steh ich!“, lässt meine Kollegin verlauten. Mensch, Miri, du weißt doch: Lach dir niemals einen Mann an, dessen Dutt besser sitzt als deiner. Und auch noch mehr Grips hat als du. „Det is wie ein Hotelbuffet. Du willst nich jeden Tag Schnitzel essen. Ob sie dann der Meinung is ‚ok die andern Jungs die sind nur Fritten, ik will des Schnitzel haben‘. Ich weiß nich, ob ich jetzt das Schnitzel oder das gute Entrecôte-Steak bin.“ Schnitt! Dann spricht Melissa: „Ich steh auf smarte Männer.“
Hach, RTL.
In Daniel H., den laufenden Meter aus Österreich, hat Melissa sich anscheinend direkt verguckt – er kriegt die gelbe Rose. Ach man du, die Hosenträger hätten doch nicht sein müssen! Das unterstreicht den Schuljungen-Look a little zu doll.
Zwischendrin fürs Ambiente mal kurz ha ha ha hi hi hi he he he ha ha ha ha, weil das für die Bachelorette wohl der Soundtrack ihres Lebens ist.
Als Daniel M., der Große mit Bart und Kind, aussteigt, denke ich zuerst: Uff, Abou-Chaker-Clan, finde ihn dann aber eigentlich ganz süß. Schaf im Wolfspelz, glaub ich. Aber meine Kollegin wirft berechtigterweise ein:
„Egal, wie gut die ihre Bärte pflegen… das müffelt einfach. Ich hab auch mal so einen gedated, beim ersten Kuss dachte ich, er hätte vielleicht irgendwie geschwitzt oder so, aber beim zweiten war’s nicht besser. Da schwingt immer so ’ne leichte Brise Keller mit.“
Rouven ist dann der andere Prinz-Langhaar. Er hat eine Weltreise gemacht. Hallo, wer hat das im Jahre 2020 noch nicht hinter sich?! Ach ja, ich. Und er hat lackierte Fingernägel. Damit hat Melissa kein Problem. Probs an der Stelle für sie! Echt, da hat jemand Gleichberechtigung verstanden, und das im deutschen FreeTV. Rouven steht auf die Bachelorette, das macht er klar und deutlich: „Ich raste aus, Alda, ich raste auuuuuuus! Wuhu!“
Wen haben wir noch? Daniel B.! Logo, dass der Sender sich auch einen Spiri-Fuzzi auf die schöne Insel Kreta holt. Daniel B. – für mich jetzt schon das Highlight der Staffel.
Er bringt seiner Herzdame ein Stückchen „Palo SantoS“ mit – ein südamerikanisches Holz zum Ausräuchern schlechter Energien. Entweder RTL hat schlecht gecasted, oder der junge Herr schlecht gegoogelt, das heißt nämlich PALO SANTO, DU NASE! Ohne S. Man, man, man. Authentischer Spiri ist er also nicht, dafür aber Weinkenner: „Nichts bringt Menschen besser zusammen als ein gutes Glas Wein (mein Motto bei Tinder). Man hat immer sofort ein Gesprächsthema. ‚Hey, wenn du diesen Wein probierst, was denkst du? Wo kommt der her? Aus welcher Region? War’s da heiß, war’s da kalt? Des geht natürlich scho in dieses nerdige Detailwissen rein.“ Na was denn nun, Nerd oder Schamane?
Enttäuschung der Staffel: Manuel. Der Spanier mit dem rot-changierenden Hemd, das ich zuletzt 2002 auf der Konfirmation meines Cousins gesehen hab. Wer verkauft sowas noch und warum ist derjenige nicht insolvent? Ich fand dich vorab so cute auf den Bildern, warum der ganze „Mamacita“-Scheiß? Ich sach’s mal so: Würde mich beim Sex einer so nennen, er bekäme Hausverbot. Lebenslänglich. Sein Fazit zu Melissa: „Die hat so’n bisschen ’ne Art von… Latino. Und das hat mich schon: bam.“ Immerhin eloquent – auch das ist er nicht.
Was wäre Folge 1 ohne einen epischen Abgang?
Skippen wir den ganzen restlichen Quatsch. Die anderen sind mir nicht im Kopf hängen geblieben, sie verdienen keinen Platz in diesem journalistischen Meisterwerk. Außerdem fehlt mir eh das typische Bätschi-Flair. Die Dunkelheit, die Fackeln, die übertriebene Anzahl an Kerzen, die hardcore ausgeleuchteten Kandidaten in ihrer Interview-Zelle. Und ja, Melissa ist eine echt süße Maus, keinen Zweifel. Es bleibt aber noch abzuwarten, ob da in den nächsten Folgen noch mehr kommt als ha ha ha hi hi hi he he he ha ha ha ha.
Kurz spannend wird’s dann ja aber doch nochmal, als die Schwäbin (als Badnerin mit ähnlich furchtbarem Dialekt kann ich dir nur raten, den ganz schnell abzulegen) Adriano nach Hause schickt. Der, dessen Stirn so aussieht, als hätte sie schon für ein paar Schlägereien hingehalten. Und der sorgt für: einen epischen Abgang. Seine Zornesfalte so angespannt wie ich beim Lesen von Donald Trumps Tweets. Dass die da nicht einen Aggro-Song von Bonez MC eingespielt haben! „Ich würde mich jetzt noch gerne von Adriano verabschieden. Magst du kurz vor kommen?“, piepst Melissa. „Auf keinen Fall“, antwortet der Gentleman, „Wo lebt ihr?“. Wo lebst DU, Adriano, DU – es wäre der Singular gewesen, aber macht ja nix, hat trotzdem Eindruck hinterlassen.
Und zack, weg isser. Und reißt sich auf dem Weg weg von der Meute noch auf beeindruckende Art und Weise die Verkabelung vom Körper. Jetzt mal ehrlich, RTL, dafür habt ihr dem doch die Gage erhöht.
Noch mehr Bock auf Sozial-Voyeurismus? Hier sind die Tweets zur ersten Folge.
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