17 Tage ist es inzwischen her. 17 Tage sind seit dem gewaltvollen Tod von George Floyd vergangen. Am 25. Mai verstarb der 47-Jährige im Krankenhaus an einem Herzstillstand – nachdem ein Polizeibeamter ihm 8 Minuten und 46 Sekunden lang qualvoll das Knie in den Nacken gerammt hatte.
Seither ist viel passiert. Seither ist die Welt ins Wanken geraten … und hat hoffentlich eine solche Wendung hingelegt, dass ‚wegschauen‘ keine Option mehr für irgendjemanden bleibt. Denn zurück zum vorherigen Status Quo dürfen wir nie wieder kehren. Der Mord an George Floyd markiert einen weiteren schmerzlichen Eye-Opening-Moment. Vor allem für viele Weiße Menschen, die sich endlich selbstkritisch mit den eigenen rassistischen Verhaltensweisen auseinandersetzen. George Floyd ist aber auch ein Freund, ein Vater, ein Bruder und Sohn. Ein Mensch musste sterben – weil die Gesellschaft noch immer strukturell von Rassismus durchzogen ist. Und er ist längst nicht der erste oder einzige.
Genau aus diesem Grund sind die anhaltenden Proteste auch so unumgänglich. Hier kommt ein Thema auf den Tisch, das niemals hätte darunter gekehrt werden dürfen. Denn Schwarze Menschen können ihre Rassismuserfahrungen nicht einfach abstreifen oder beiseite schieben. Warum sollten privilegierte Weiße es also mit ihrer Verantwortung tun können?!
Genau dieses fatale Versäumnis wird aktuell (wieder einmal) aufgearbeitet. Und es scheint nachhaltige Auswirkungen zu haben. Wir dürfen jetzt, nach dem Posten einer schwarzen Kachel, also auf gar keinen Fall wieder aufhören, dazuzulernen. Wir dürfen nach Wochen des Protests nicht damit aufhören, der Schwarzen Bevölkerung zuzuhören.
Wir dürfen aber einmal kurz verarbeiten – und sacken lassen. Um sehen, wertschätzen, anerkennen zu können, was die letzten beiden Wochen bereits für Veränderungen mit sich gebracht haben. Lasst uns an dieser Stelle also gemeinsam weitermachen – und nie wieder stehen bleiben. Lasst uns der „Weißen Überlegenheit“ den Kampf ansagen, in dem wir uns solidarisch und antirassistisch zeigen. In jeder Lebenslage. Weit über diese zwei Wochen hinaus. Weil sich eben doch etwas verändern kann… wenn wir alle gemeinsam daran arbeiten!
Was hat sich auf der Welt seit Beginn der Proteste getan?
- Minneapolis und einige weitere Städte verbieten den Polizei-Würgegriff. Die Nutzung von Tränengas und Plastikgeschossen wird ebenfalls kritisch geprüft
- Auch in Frankreich soll der Würgegriff verboten, und an Polizeischulen nicht mehr gelehrt werden
- Der verantwortliche Polizist Derek Chauvin wird inzwischen für einen „unbeabsichtigten Mord zweiten Grades“ angeklagt. Dafür drohen ihm bis zu 40 Jahren Haft
- Die Straße vor dem Weißen Haus in Washington wurde in „Black Lives Matter Plaza“ umbenannt
- In Berlin wird ein viel diskutiertes Antidiskriminierungsgesetz verabschiedet … das hoffentlich weiteren Diskurs in der Politik anregen wird
- Prominente mit riesiger Reichweite überlassen im Zuge der #ShareTheMicNow-Bewegung ihre Plattformen Schwarzen Frauen, um ihnen so die größtmögliche Bühne zu geben
- Eine Petition mit bereits 7.000 Unterschriften fordert die Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte als festen Teil des Lehrplans
- Die Polizeichefin von Portland tritt ihren Posten an einen Schwarzen Kollegen ab – um einen ersten Schritt in Richtung der notwendigen Veränderungen Polizeisektor zu gehen
- Verschiedene amerikanische Städte haben wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung des Rassismus auf lokaler Ebene ergriffen
- Der Polizeichef von Dallas regt einen neuen Befehl an, der Polizist*innen dazu anweist, die eigenen Kolleg*innen abzuhalten, wenn Gewalt unangemessen erscheint oder nicht erforderlich ist
- In Maryland wird vom Gesetzgeber eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich mit einer umfassenden Polizeireform und der einhergehenden Rechenschaftspflicht auseinandersetzt
- Nachdem die Statue des Sklavenhändlers Edward Colston im Hafenbecken von Bristol versenkt wurde, wird europaweit über eine Verherrlichung Weißer Kolonialisten diskutiert
- Baltimore baut im Anschluss daran alle Statuen von Konföderierten in der Stadt ab
- Verschiedene Streaming-Plattformen nehmen Filme und Serien mit rassistischem Inhalt aus dem Programm. So verschwindet „Little Britain“ etwa von Netflix und BBC
- Auch Magazine, die Fashion-Industrie und Film-Branche stehen in der Kritik, Schwarzen Menschen keine Chancengleichheit zu ermöglichen. Als ersten wichtigen Schritt wird die „Selma“-Regisseurin Ava DuVernay nun in der Vorstand der Oscars berufen
- „Rasse“ soll aus Artikel 3 des deutschen Grundgesetzes gestrichen werden, da es keine verschiedenen Menschenrassen gibt und der Begriff bereits für sich genommen auf einem rassistischen Hintergrund basiert
- In Louisville wurde das sogenannte „Breonna“-Gesetz verabschiedet, dass es den Polizisten verbietet, mit einem Haftbefehl ohne vorherige Ankündigung einen Wohnraum zu stürmen
Das alles sind wichtige Schritte. Kleine Teilerfolge und große Wegweiser– im Hinblick auf ein geschärfteres, antirassistisches Verhalten von jedem von uns. Doch genau damit darf es nicht aufhören. Nicht schon wieder. Diese Liste hier darf nur der Anfang sein. Wir werden weiter lernen, weiter anprangern, weiter Gespräche führen, zuhören und adressieren. Vor allem im privaten, aber selbstverständlich auch öffentlich. So oft und so lange, bis es wirklich nicht mehr nötig sein wird.