Vielleicht sollte ich direkt zu Beginn schon mal etwas klarstellen: Ich bin eigentlich niemand, der sich sonderlich viel mit „Dating-Phänomenen“ auseinandersetzt. Erstens: Allein dass wir in einer Zeit leben, in der sich Dating-Trends ablösen wie die Fashion-It-Pieces auf dem Laufsteg, ist ja wohl schon mehr als bedenklich. Und zweitens: Wer braucht schon einen Namen, wenn er gerade aufs Gemeinste abserviert wurde? Genau: niemand!
Und doch finde ich es immer wieder erschreckend, wie sehr es einen mal eben kalt erwischen kann, wenn man merkt, dass man gerade selbst mitten in einem dieser „Phänomene“ drin steckt. Oder sollte ich viel mehr sagen? Es gerade „überstanden“ hat?
Caspering… wenn sich die Trennung wie ein Gespenst anschleicht
Ja, Leute: Ich wurde vor kurzem abserviert – und zwar im „Caspering“-Stil. Ohne es zu wissen… weil ich auch von diesem „Dating-Trend“, der tatsächlich wohl vor ein paar Jährchen schon mal aufploppte, noch nie etwas gehört habe – bis jetzt! Und ich sag’s mal so: Als ich heute Morgen in der Bahn – wie eigentlich jeden Tag vor der Arbeit – durch meinen News-Feed scrollte und mir den Bericht einer Lady aka offensichtlichen „Caspering“-Leidensgenossin auf Hello Giggles durchlas, dachte ich nur: Okay, that’s my life!
Gut, das ist jetzt vielleicht auch etwas übertrieben, doch je mehr ich mich durch diesen Artikel „kämpfte“, desto mehr wusste ich: Jup, diese Sche*** hab ich so ähnlich gerade erst hinter mir. Und mit Sche*** meine ich meine letzte, unnötige Tinder-Erfahrung. Jaa, der Swipe-Wahn hatte mich vor kurzem mal wieder überkommen.
Und hey: Die ersten Gespräche mit dem neuen Match liefen super. Keine abartigen Fotos, peinlichen Witze und selbst Satzzeichen konnte er benutzen!!! Ich war angetan. Seit langer Zeit mal wieder. Also wagte ich den Schritt in die Realität und traf mich mit ihm. Und auch hier, keine bösen Überraschungen. Es war ein Date wie aus dem Bilderbuch. Und so lief es anfangs auch weiter. Wir sahen uns noch ein paar Mal, philosophierten von der Zukunft, spazierten Händchen haltend durch die Gegend und schickten uns auch sonst regelmäßig Nachrichten per WhatsApp.
Klingt schön, oder? War es auch… bis irgendwann der Punkt kam (den ich offensichtlich völlig verblendet übersprungen hatte), an dem sich das Blatt wendete. Plötzlich reagierte er nicht mehr sofort auf meine Nachrichten wie sonst immer. Die ersten nervösen Zuckungen machten sich breit. Und auch wenn meine Mädels sich wirklich sehr viel Mühe gaben, mich davon zu überzeugen, dass „sicher alles in Ordnung“ sei, war das mulmige Gefühl da… und verpuffte schlagartig, als ungefähr einen Tag später plötzlich doch die erlösende Nachricht kam. Nett und eigentlich kaum verändert. Eigentlich. Denn während ich mich wie immer verhielt, spielte er das „Du schreibst, ich lasse mir Jahre mit dem Antworten Zeit“-Spiel einfach weiter, sorgte dafür, dass ich NSA-mäßig seinen Online-Staus observierte und langsam verrückt wurde … bis dann plötzlich, wie aus heiterem Himmel, die Abfuhr kam. Wieder nett verpackt und trotzdem wie ein Tritt in die Magengrube. Denn war nicht eigentlich alles in Ordnung? Hatten wir nicht gerade das nächste Date geplant?
Ich schon. Er offenbar nicht. Und genau hier wären wir auch schon beim „Caspering“-Phänomen (übrigens nach dem freundlichen Gespenst Casper aus dem Film benannt) angekommen.
Ich beschreibe es mal als eine schleichende Version des Schlussmachens. Denn wer einmal den Begriff bei Google eingibt, wird merken, dass die Definitionen und Meinungen ziemlich auseinanderdriften. Die einen sagen, „Caspering“ sei eine nettere Version des Ghostings. Man bekommt eine Standard-„Du bist toll, aber“-Nachricht und die Sache ist gegessen. Andere wiederum sagen, wenn man gecaspered wird, bekäme man häppchenweise Nachrichten serviert, die zwar freundlich sind, aber auch immer vager und weniger werden. Weil das Gespenst eben eigentlich schon genau weiß, dass es zu keinem neuen Treffen kommen wird… sich nur nicht traut, es auszusprechen. Um nicht als das Ghosting-Arsch dazustehen? Ziemlich einfach… aber who knows.
Und je mehr ich darüber nachdenke, desto schlimmer finde ich es. Klar, Ghosting ist scheiße (RICHTIG scheiße und niemand sollte einfach von Null auf Hundert den Kontakt abbrechen ☝🏻), aber wenigstens weiß man dabei direkt, woran man ist. Beim Caspering hingegen merkt man zwar, dass sich irgendwas verändert hat, glaubt aber immer noch, dass es vielleicht nur eine Phase ist, die wieder vorübergeht. Hat Hoffnung. Und zerbricht sich währenddessen immer mehr den Kopf (Was einen verrückt machen kann, glaubt mir…).
Es fühlt sich wie eine Trennung in der Warteschleife an. Wie etwas, das längst im Gange ist. Das man nicht aufhalten kann. Und bei dem man eigentlich nur darauf wartet/warten muss, dass am anderen Ende endlich jemand durchkommt und Klartext spricht. Denn auch wenn man hier und da mal mit seichten Klängen abgespeist wird, kommt man eben doch nicht weiter. Hängt fest. Zweifelt immer mehr. Und Leute… mir ging es lange nicht so schlecht wie in dieser Phase. Und meine Warteschleife dauerte gerade mal ein paar Tage.
Das alles vielleicht sogar über Wochen durchzumachen, ist Folter. Und vor allem auch nicht fair. Nein, dann „will“ ich lieber geghosted werden, damit ich den Mistkerl zum Teufel wünschen kann. Das ist leichter. Und tut vielleicht sogar weniger weh…
Hatte ich gerade das Bedürfnis, mir das mal von der Seele zu reden? Offensichtlich. Und ich hoffe, ihr versteht mich jetzt hier nicht falsch. Dieser Artikel soll keinesfalls dazu dienen, irgendjemanden anzuprangern. Auch nicht mein ehemaliges Tinder-Date. Nein, dazu sind all die vorherigen Erinnerungen viel zu schön. Und außerdem haben die Dinge immer zwei Seiten. Und Gefühle sind sowieso vielschichtig und kompliziert. Und verdammt, Dating ist halt auch einfach scheiße! 😅 Selbst ich kann mich nicht völlig davon freisprechen, mal jemanden gehosted zu haben. Und wer weiß… vielleicht war ich sogar mal ein „nettes“ Gespenst…
Wer kann schon bei all dem Durcheinander noch den Durchblick behalten? Tja, aber vielleicht ist ja auch genau das der Grund, warum wir Dating-Trends immer wieder einen neuen Namen geben. Um darüber zu sprechen. Um zu erkennen, dass wir nicht alleine sind. Um zu zeigen, wie weh es tun kann. Und um vielleicht so mehr Bewusstsein zu schaffen. Denn am Ende können wir es doch alle irgendwie besser machen. Und das sollten wir… zumindest versuchen. ❤️