Seit Tagen hagelt es Kritik für das britische Plus Size-Model Tess Holliday, die trotz ihrer 122 Kilo Körpergewicht von einer renommierten Model-Agentur aufgenommen wurde. Haben sogenannte „Übergrößen“-Models es hierzulande auch so schwer? Wir haben bei Emma Sanders nachgefragt:
Très Click: Emma, hast du am Set oder auf deinem Instagram-Account schon mal einen doofen Kommentar abbekommen?
Nein, ganz im Gegenteil. Ich arbeite immer in einem sehr professionellen Umfeld, mit Menschen die verstehen worum es bei Plus Size und beim Modeln an sich geht. Alle anderen freuen sich für mich. Sie finden es super, dass meine Kurven mir dabei helfen, ein neues Frauenbild in der Branche zu etablieren.
Das klingt ja sehr positiv …
Ja meistens schon. Manche übertreiben aber auch etwas. Sie sagen Sachen wie: „Endlich eine echte Frau in der Fashionwelt“ Ich weiß, dass das als ein Kompliment gemeint ist, aber richtig finde ich das auch nicht.
Warum?
Das geht wieder zu extrem in die andere Richtung. Das würde dann nämlich bedeuten, dass meine von Natur aus schlanken Kolleginnen keine „echten“ Frauen sind!
Apropos schlanke Kolleginnen. Größe 34 ist bei Cara Delevingne, Jordan Dunn, Kendall Jenner und Co. ja Pflicht. Wie sieht das bei Plus Size aus? Gibt es da Vorgaben?
Nicht direkt, es kommt vor allem auf die Proportionen an. Die sollten stimmig sein. Es gibt bei Plus Size viele verschiedene Größen und Formen. Dabei geht es nicht nur um schöne, ästhetische oder auch kunstvolle Fotos, sondern um die Kleidung, die es zu vermarkten gilt. In Europa ist dafür Kleidergröße 40-42 gängig. In Amerika eher 42-46. Ich habe das Glück, dass ich mit meinen Maßen beide Märkte gut bedienen kann.
Verrätst du uns deine Maße?
Klar! 100cm-78cm-112cm und dabei noch stolze 1,80m groß.
Wie hältst du dich fit?
Das ist nicht immer leicht, da ich sehr viel unterwegs bin. Aber Sport war mir schon immer wichtig. Ich war jahrelang im Trampolin-Verein und bin in New York Mitglied im Broadway Dance Center, wo ich Hip-Hop und Salsa tanze. Außerdem habe ich immer ein Springseil im Koffer, das ich benutze, wenn ich wieder Stunden am Flughafen warten muss. In dem Beruf ist es wirklich wichtig fit zu sein, da dem Körper viel abverlangt wird. Viele glauben, dass dieser Aspekt als Plus Size entfällt, aber das ist komplett falsch. Die Silhouette und die Kurven sollen ja schön und fest bleiben.
Für welches Label warst du denn zuletzt unterwegs?
Asos. Ich fliege seit 2 Jahren fast jede Woche nach London, um für sie zu shooten. Aber ich mache auch viel für deutsche Kunden, wie s.Oliver, C&A, Bon Prix, Ulla Popken, Kataloge wie OTTO/Sheego und US-Kunden wie Macy’s oder Lane Bryant.
Hattest du auch schon Jobs für Luxus-Labels?
Noch nicht. Ich habe das Gefühl, dass der Plus Size-Gedanke bei den High Fashion-Labels bisher nicht angekommen ist. Oder absichtlich ignoriert wird. Dabei ist 42/44 die absolute Durchschnitts-Konfektionsgröße in Deutschland.
Siehst du dich als Vorbild für andere Frauen?
Ich bekomme manchmal Nachrichten von Mädchen und Frauen, die es inspiriert, mit welcher Selbstverständlichkeit ich mich annehme. Es gefällt ihnen, wie ich das nach außen hin auslebe. Ich freue mich immer, wenn ich gesagt bekomme, dass ich für jemanden ein Vorbild bin und diese Person deswegen etwas in ihrem eigenen Leben verbessern oder verändern möchte.
Was könnte das sein?
Mehr Selbstbewusstsein aufzubauen. Oder einfach mal einen Modetrend auszuprobieren, den man sich sonst nicht getraut hätte. Und ohne das Gefühl, sich verstecken oder verhüllen zu müssen. Nur so können sie herausfinden, was ihnen wirklich gefällt und steht.
Was gefällt dir denn an dir am besten?
Ha, ehrlich gesagt habe ich mir wirklich noch nie Gedanken darüber gemacht. Der Klassiker wäre jetzt an dieser Stelle als Plus-Size-Model zu sagen: meine Brüste und mein Hintern, oder nicht? Aber spontan würde mir jetzt einfallen, dass ich gerne meine Taille betone. Ich finde das wirkt subtil sexy, auch ohne einen Ausschnitt zu haben oder Bein zu zeigen, und betont meine Silhouette.
Letzte Frage: Welchen Rat würdest du Frauen mitgeben, die ständig an ihrer Figur rummeckern?
Diesen: Das Leben ist einfach zu kurz, um sich ständig Gedanken über die Größe eurer Oberschenkel zu machen! Seid fit und aktiv, rennt im Bikini am Strand herum und habt Spaß. Haltet nicht an euren Problemzonen fest – das hält euch nur auf!
Emma Sanders ist unter Vertrag bei Modelwerk in Hamburg