Was Aisling McKeefry und ihr 35-köpfiges Team heute entwerfen, tragen wenige Monate später Tausende. Wir haben mit der Asos Design-Chefin über Trends, Nachhaltigkeit und unberechenbare Käuferinnen gesprochen.
Très Click: Woher wissen Sie heute schon, was alle nächstes Jahr tragen wollen?
Aisling McKeefry: Wir lassen uns überall inspirieren, wir shoppen auf der ganzen Welt und fahren natürlich zu den Fashion Weeks. Außerdem halten wir regelmäßig Meetings, in denen wir darüber diskutieren, wer oder was uns gerade inspiriert. Daraus kreieren wir dann sogenannte „Key-Stories“. Wir haben auch ganz verschiedene Asos-Kundinnen im Kopf, wenn wir das planen: Es gibt das minimalistische Girl, das Glamour-Girl, die Tomboy-Kundin usw… Außerdem werden die Kundinnen nach Departments aufgeteilt: Das Mädchen, das bei uns Schuhe kauft, ist beispielsweise anders, als die Frau, die Kleider shoppt.
Très Click: Das klingt sehr aufwendig. Wie lange dauert es vom Entwurf bis es das Teil zu shoppen gibt?
Aisling McKeefry: Bei Denim und Jersey-Teilen etwa 4 Monate, sonst 6 Monate.
Très Click: Das ist etwa dreimal so schnell, wie klassische Designhäuser.
Aisling McKeefry: So lange Vorlaufzeiten können wir uns nicht leisten.
Très Click: Was verkauft sich denn am allerbesten bei Asos?
Aisling McKeefry: Grundsätzlich immer Schuhe und Kleider. Die gehen immer weg wie verrückt! Und im Moment wird alles, wo ein Einhorn drauf ist, zum Bestseller.
Très Click: Einhörner? Haben Sie mit diesem Hype gerechnet?
Aisling McKeefry: Natürlich hofft man immer, dass die Teile gut ankommen, aber hundertprozentig im Voraus kann man das nie sagen.
Très Click: Was war denn ein Ladenhüter?
Aisling McKeefry: Hmmm, Flared Jeans haben sich nicht so gut verkauft, wie wir erwartet hatten. Dabei dachten wir, dass die ein Riesen-Trend werden würden! Das Problem bei diesen Hosen ist, dass unsere Käuferin sehr jung ist und die Schlaghosen-Phase der 90er nicht live erlebt hat. Deshalb ist ihr dieser Schnitt einfach eher fremd, sie mag Skinny oder Boyfriend-Cut lieber. Aber das mussten wir auch erstmal herausfinden.
Très Click: Wer ist die typische Asos-Kundin?
Aisling McKeefry: Sie ist eine Trendsetterin. Mutig und ungeduldig. Sie will alles Neue und das zu einem guten Preis.
Très Click: Gibt es eine Asos-Muse?
Aisling McKeefry: Das ändert sich ständig, im Moment stehen wir alle sehr auf Iris Apfel. Aber auch Rihanna und Gigi Hadid stehen ganz oben auf unserer Liste.
Très Click: Was ist das Beste an Ihrem Job?
Aisling McKeefry: Hier sagt niemand: „Gute Idee, aber lass uns noch mal ein paar Wochen darüber nachdenken.“ Hier geht alles wahnsinnig schnell. Als Designer ist es ein Traum, dass du tun kannst, was du willst, natürlich ohne die Kundin aus dem Blick zu verlieren.
Très Click: Und was ist das größte Vorurteil über Ihren Job?
Aisling McKeefry: Dass er glamourös ist! Klar, man kommt rum, aber wenn ich nach Tokio fliege, komme ich an und habe bereits seit 24 Stunden nicht geschlafen. Dann geht es um 7 Uhr morgens los und weil die Geschäfte dort nie schließen, geht es bis 3 oder 4 Uhr morgens weiter. Und in diesem Zustand musst du Riesen-Entscheidungen treffen!
Très Click: Hört sich stressig an. Was würden Sie Newcomern raten?
Aisling McKeefry: Durchhalten! Es gibt sehr wenige Jobs da draußen, daher muss man jede Möglichkeit mitnehmen, Erfahrungen zu sammeln. Ich habe als Assistentin für einen Stylisten angefangen und so gut wie nichts verdient. Aber ich habe so viel gelernt. Und wenn ihr euch bewerbt: Überlegt euch, was euch von anderen unterschiedet und versucht, genau das in der Bewerbung herauszuarbeiten.
Kleider gehören zu den Super-Hits bei Asos. Ganz rechts: Aisling McKeefry designt mit ihrem 35-köpfigen Team mehrere Kollektionen im Jahr.
Très Click: Asos ist ein typischer Fast Retailer, gleichzeitig wird Nachhaltigkeit immer wichtiger. Wie geht das Unternehmen mit dieser Herausforderung um?
Aisling McKeefry: Wir haben ein Team, das sich nur darum kümmert und alle Maßnahmen, nicht nur Designs, auf Nachhaltigkeit überprüft. Unsere Maßnahmen rangieren von ökologischen Stoffen und Labels, über diverse Charity-Projekte, Wassereinsparungen bei der Denim-Produktion bis zum Umstieg von Papier-Präsentationen auf digitale Formate. Außerdem laden wir im Rahmen unseres Fashion with Integrity-Programms jeden Monat Experten dazu ein, Lösungen vorzuschlagen, wie wir besser mit Ressourcen umgehen können.
Très Click: Maßnahmen sind das eine, Akzeptanz beim Kunden das andere. McDonald’s hat den Bio-Burger in Deutschland gerade wieder aus dem Programm genommen. Haben Sie das Gefühl, dass die Asos-Kundin Wert auf Nachhaltigkeit legt?
Aisling McKeefry: Es kommt darauf an. Es gibt Kundinnen, denen das wichtig ist und andere, die das nicht so interessiert. Unser Hauptziel ist es nun mal, Trends zu einem guten Preis schnell an die Kundin zu bringen. Die Maßnahmen zur Nachhaltigkeit dürfen dem nicht im Wege stehen. Die Asos-Kundin ist jung, sie hat nicht unbegrenzt viel Geld zur Verfügung.
Très Click: Heißt: Nachhaltigkeit ja, aber nicht um jeden Preis?
Aisling McKeefry: Ja. Wir können nicht all unsere T-Shirts aus Bio-Baumwolle produzieren, weil das die Preise richtig in die Höhe treiben würde. Viele Kundinnen sehen auch den Wert eines Leder-Schuhs im Vergleich zu einem aus PVC oder Suedette nicht und sind einfach nicht bereit, den Unterschied zu bezahlen. Wir müssen also wirklich clever mit unseren Maßnahmen sein und die Kundinnen informieren und erziehen. Und bei alldem müssen wir wettbewerbsfähig bleiben.
Très Click: Vielen Dank für das Gespräch!