Klar gehen uns diese unsäglichen Dating-Trends genau so auf die Nerven wie euch. Und das nicht erst, seit wir sie explizit bezeichnen können. Trotzdem muss man Dinge eben manchmal einfach beim Namen nennen. Ansonsten wäre „Ghosting“ heute ganz sicher immer noch „einfach nur“ das undefinierbar Verhalten, sich ohne Vorwarnung nicht mehr zu melden. So aber hat es sich binnen kürzester Zeit zum Millenial-Unding des Jahrzehnts gemausert. Wer jetzt noch ghostet, hat ein Problem. Weil jeder die Bedeutung dahinter kennt und weiß, wie scheiße sich das anfühlt.
Jeder musste da schließlich irgendwie schon mal durch – und jeder hat jetzt die passende Bezeichnung dafür. Eine, mit der man sich bei Freunden ausheulen kann, die den Verantwortlichen an den Pranger stellt, die uns Klarheit verschafft. Diese Tatsache macht das Verhalten vielleicht nicht besser, aber immerhin irgendwie erträglicher. Aus diesem Grund machen wir weiter damit. Und benennen die unaussprechlichen Dating-Phänomene, die unsere Online-Welt ständig neu zutage fördert.
Heute auf dem Programm: „Fizzing“
Oder aber: Das etwas andere Ghosting. Auch diese Form der „Trennung“ (to fizz ist frei übersetzt sowas wie „entweichen“, „verpuffen“) dürfte den meisten von uns nur allzu gut bekannt vorkommen. Auch diese Form kann niemand leiden – und doch müssen wir irgendwie damit umzugehen lernen.
Stellen wir uns dafür mal folgendes Szenario vor: Wir daten eine Person. Nicht zum ersten Mal, ein paar Verabredungen gab es da vielleicht schon. Irgendwie hat das alles Potenzial – benennen wollen wir es trotzdem nicht. Also trifft man sich, lässt Tage vergehen, wartet am Handy auf die erlösende Frage nach einem weiteren Date. Und trifft sich im besten Fall erneut.
Was passiert aber, wenn plötzlich keiner von beiden mehr schreibt? Sagen wir: Das Date war eigentlich ziemlich gut. Unsere neue Errungenschaft ist echt ganz süß. Also warten wir. 3-Tage-Regel und so. Wir schreiben nicht, wollen nicht den ersten Schritt machen – unser Gegenüber tut es aber ebenso wenig. Und irgendwann, ganz heimlich still und leise, wird der Abstand ganz einfach zu lang. Wir warten Minuten, Tage, Wochen… und können schließlich nicht mehr zurück. Zeitfenster geschlossen. Und warum?! Ganz einfach nur deshalb, weil beide Seiten zu stolz oder zu feige waren, um eine Nachricht zu formulieren…
Ein gegenseitiges Ghosten quasi. Oder eben „Fizzing“. Was das Fatale an dieser neuen Form von „Trennung ohne Schlussstrich“ ist…? Sie hätte gar nicht erst passieren müssen. Denn in diesem Fall ist nicht mal fehlendes Interesse der Grund. Sondern einfach nur fehlender Mut.
Wenn uns jemand gefällt? Sollten wir also wirklich mal die Arschbacken zusammenkneifen – und selbst nach einem Treffen fragen. Ja, eventuell bekommen wir dann nen Korb. Aber ist das nicht immer noch besser, als sich gegenseitig hinzuhalten… und schließlich „gefizzt“ zu werden? Schließlich lässt uns der Gedanke an diesen potentiellen Partner deshalb ja nicht einfach wieder los. Und andersherum oft auch nicht. Es schreibt nur einfach niemand. Diese paar Zeichen, diese fliegenden Hände über der Tastatur. Einmal SENDEN klicken. Ein so kleiner Move… mit so unfassbar großen Auswirkungen.
Hinter „Fizzing“ steckt oft fehlender Mut
Wir stellen also fest: Auch „Fizzing“ ist ziemlich doof. Mindestens genau so doof wie andere (Online-)Dating-Phänomene eben auch. Mit einer entscheidenden Ausnahme. Sollte ein solches „Ausschleichen“ und „Auslaufen lassen“ tatsächlich auf Gegenseitigkeit beruhen, kann es eine Menge unangenehmer Gespräche ersparen. Hat es auf beiden Seiten nicht geknistert? Kein Ding! Dann schreibt man eben weniger, reagiert seltener, so lange, bis die Antworten schließlich ganz ausbleiben. Auch das fällt unter die Definition „Fizzing“ (frei nach der „Men’sHealth“). Und macht es damit wohl zur unkomplizierteste Form des Schlussmachens, ohne Schluss zu machen.
Aber sind wir mal ehrlich: Wie wahrscheinlich ist es, dass wirklich beide Seiten zeitgleich keinen Bock mehr aufeinander haben? Kann passieren, klar. Viel eher ist es doch aber der Fall, dass einer von beiden am Ende leidet. Oder sogar beide! Weil eben doch irgendwie wieder kein abschließender Schlussstrich gezogen wurde.
Wir merken uns also? Klärt die Dinge! So, wie ihr sie andersherum auch geklärt haben wollen würdet. Und wenn ihr Interesse habt? SCHREIBT EINFACH. Lasst nicht zu, dass „Fizzing“ euch eine reele Chance verbaut. Das passiert durch Umstände, auf die ihr keinen Einfluss habt, doch eh schon oft genug. Und wie war das? Wenn wir etwas durch die Benennung von Dating-Trends lernen können, dann ja wohl, wie wir es in Zukunft besser machen können!