Hast du schon mal was von „Gaslighting“ gehört? Es würde uns nicht wundern. Merriam-Webster (eines der bekanntesten US-Wörterbücher) hat „Gaslighting“ jetzt sogar zum Wort des Jahres 2022 gekürt.
'Gaslighting' is our 2022 #WordOfTheYear.https://t.co/i7QlIv1DBB
— Merriam-Webster (@MerriamWebster) November 28, 2022
Und das ist leider ziemlich traurig. Immerhin steckt hinter dem Begriff eine Form der emotionalen Manipulation und Gehirnwäsche. Heißt: Dein Gegenüber bringt dich durch gezielte Äußerungen und Handlungen dazu, dass du anfängst, an dir selbst zu zweifeln und zunehmend dein Selbstbewusstsein – oder sogar deine Identität – verlierst. Bei „Gaslighting“ geht es also nicht um Herzschmerz im klassischen Sinne, sondern um eine Form von psychischer Gewalt beziehungsweise Missbrauch.
Wie konnte dann ausgerechnet „Gaslighting“ zum Wort des Jahres werden, fragst du dich? Tja, weil die Website des Wörterbuchs tatsächlich einen Anstieg der Suchanfragen nach dem Begriff um 1.740 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen konnte. 🤯 Und das könnte vor allem daran liegen, weil dieser Begriff (und damit also auch die gezielte Manipulation, die dahintersteckt) in immer mehr Bereichen unseres Lebens aufploppt. Das schreibt auch Merriam-Webster: „Im Zeitalter der Fehlinformationen – von ‚Fake News‘, Verschwörungstheorien, Twitter-Trollen und Deepfakes – ist Gaslighting zu einem Begriff unserer Zeit geworden“. Na, wowi. 🙄
Den Namen hat dieses (Beziehungs-)Phänomen übrigens von dem Film „Gaslight“ aus den 40er Jahren, in dem ein Mann seiner Frau weismachen will, dass sie den Verstand verloren hat. Die Geschichte kommt dir bekannt vor? Stimmt, denn um eine ähnliche Situation geht es zum Beispiel auch in dem Beststeller „Girl On The Train“. Hier wird der jungen Frau Rachel durch ihren Ex-Mann Tom jahrelang eingeredet, dass sie verrückt und alkoholkrank sei, bis sie es glaubt und sich selbst aufgibt.
Aber wie oben ja bereits deutlich wurde, kommt „Gaslighting“ nicht nur in Partnerschaften vor, es kann beispielsweise auch zwischen Freund:innen, am Arbeitsplatz oder sogar zwischen Fremden (Stichwort: Twitter-Trolle) passieren. Jede asymmetrische Kraft zwischen zwei Menschen, bei der eine Person seinem Gegenüber unbegründet Vorwürfe an den Kopf wirft oder ihm ständig aggressiv begegnet, ist am Ende nichts weiter als eine gezielte emotionale Manipulation – und damit sehr wahrscheinlich auch ein Fall von „Gaslighting“.
Preston Ni, Autor des Buches “How to Successfully Handle Gaslighters and Stop Psychological Bullying” hat für die Website Babe sieben Symptome zusammengefasst, an denen man einen emotionalen Missbrauch erkennt. Solltest du also bei folgenden Punkten denken „Mensch, das kommt mir bekannt vor“, dann tu uns bitte den Gefallen und entferne dich sofort von der vermeintlichen Person. Denn „Gaslighting“ ist wirklich gefährlich. Opfer erleiden häufig psychische Erkrankungen, verfallen in eine Depression oder entwickeln eine dissoziative Störung. Und anders als im Film „Girl On The Train“ läuft das echte Leben meist nicht nach Drehbuch…
7 Anzeichen dafür, dass dein Gegenüber ein „Gaslighter“ ist:
Verbreitung von Unwahrheiten
„Gaslighter“ versuchen ihr „Opfer“ oft in negative Geschichten zu verstricken, indem sie in ihrer Gegenwart nur negative (und oft unwahre) Dinge über ihr Gegenüber zur Sprache bringen. So gerät die andere Person in Erklärungsnot und es wird der Anschein erweckt, dass sie verrückt ist und sich rechtfertigen muss.
Wiederholte Anschuldigungen
„Gaslighter“ wiederholen ihre Lügen gegenüber ihren „Opfern“ so oft, bis ihr Gegenüber diese selber glaubt und sich selbst in Frage stellt. Dazu zählt auch das Andichten von negativen Eigenschaften, die die Person eigentlich gar nicht besitzt.
Schnelle Eskalation
„Gaslighter“ sind sich ihrer Schuld durchaus bewusst, leugnen ihr Fehlverhalten aber konsequent, sodass die Situation oft aus der Provokation heraus eskaliert. Dabei stellen sie andere Person häufig als nicht zurechnungsfähig dar. Beispiel: Sie erwischt ihm beim Schreiben mit einer Anderen. Sie beschuldigt ihn. Er sagt, es sei nichts passiert, sie bilde sich alles nur ein und sei offensichtlich verrückt.
Dauerhafte Gehirnwäsche
„Gaslighter“ manipulieren ihre „Opfer“ oft über einen langen Zeitraum. Ihre manipulative Art ist dabei oft bis ins letzte Detail ausgeklügelt.
Äbhängigkeit vom Partner
„Gaslighter“ besitzen nicht nur die Fähigkeit, ihr Gegenüber emotional zu erniedrigen, sondern auch, diesen Nähe, Geborgenheit und Sicherheit zu schenken. Sie haben also die Macht, zu entscheiden, was sie ihr „Opfer“ in welchem Moment fühlen lassen wollen.
Falsche Hoffnungen
„Gaslighter“ machen ihren Opfern oft falsche Hoffnungen, um ihnen das Gefühl zu geben, dass alles wieder gut werde und sie an sie glauben. Damit ihre emotionale Manipulation nicht nur negativ und dadurch unglaubhaft wirkt, werfen sie immer wieder wohlwollende Floskeln ein wie „Ach, das wird schon wieder mit dir“ oder „Ich bin doch da und helfe dir“.
Dominanz und Kontrolle
„Gaslighter“ haben ihr Gegenüber durch ihre emotionale Manipulation komplett im Griff. Sie brauchen das Gefühl, den Anderen zu dominieren und zu kontrollieren. Dabei versuchen sie stets, ihr „Opfer“ auf einem gleichbleibenden Level der Unsicherheit, Zweifel und Ängste zu halten.