Paula Lambert zusammen mit den drei erfahrenen Coaches Daniel Schneider, Silvana Denker und Sandra Wurster
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Bereit für meine Frage des Tages? Yes? Go: „ Ist No Body is perfect – Das Nacktexperiment“ eine Reality-Show mit wertvoller Botschaft? Yes or no? Versteht uns nicht falsch, wir lieeeeeben guten TV-Trash (Hallo, Bachelor!), aber wenn es nicht um Dates und Co., sondern um unser eigenes Körpergefühl geht, muss da schon ein bisschen Substanz sein. Aus Angst vor Trash 3000 wollte ich das Format auf SAT1 anfangs nicht sehen. Es klingt auf den ersten Blick nach „sex sells“ und Belustigung der Zuschauer, denn die Coachs stehen die ganze Show halbnackt, nur mit Body-Paintings bemalt, vor der Kamera. Doch rege Diskussionen in meinem Umfeld verführten mich dazu, die Folgen rückwirkend online anzuschauen (die letzte Folge lief grade im TV) und mir selbst meine Meinung zu bilden. 🤓
„Bodylove und Selbstwertgefühl“ sind meine Steckenpferde, die ich sowohl im Privaten, als auch im Beruflichen vollstens auslebe. Also ja, ich bin die Richtige, um das Ganze zu beurteilen. YES!
Doch anstelle wie erwartet nach kürzester Zeit die Werte und Intelligenz der Menschheit anzuzweifeln, bin ich bereits nach wenigen Minuten des Formats positiv überrascht. Handelt es sich hierbei wirklich um ein Fernseh-Format, dass nicht auf Kosten der Teilnehmer zur Belustigung der Zuschauer dient? Eine Show, die die Notwendigkeit von Selbstliebe und Bodylove erkannt hat und sowohl Teilnehmern, als auch den Zuschauern einen Zugang zu einem gesunden Selbstwertgefühl vermitteln möchte? Es sieht ganz genau danach aus und so gebe ich den Coaches und ihren Kandidaten eine Chance.
„No Body is perfect“ – Worum geht’s?
Gleich zu Beginn haut Sat.1 erschreckende Fakten raus: „Facebook, Instagram und Co. geben vor, wie wir auszusehen haben. Wir versuchen, uns selbst zu optimieren, anstatt uns selbst zu akzeptieren. „No Body is perfect“ will Menschen helfen, sich selbst schön zu finden, genau so, wie sie sind. Denn das Selbstbild der Deutschen ist bescheiden. 53 % sind unzufrieden mit ihrem Körpergewicht und jeder 7. fällt gar ein vernichtendes Urteil, nennt sich selbst unattraktiv. (…) “ 🤯
Auf den Punkt gebracht handelt es sich bei dem Format um ein Bodylove-Bootcamp. Die vier authentischen Coachs: Journalistin und Sex- und Körper-Expertin Paula Lambert, Tanzpädagogin und Buchautorin Sandra Wurster,Fotografin, Curvy-Model und Body-Positivity-Aktivistin Silvana Denker und Plus-Size-Model Daniel Schneider begleiten in 4 Folgen der ersten und letzten Staffel 12 Teilnehmer vier Tage lang auf die griechische Insel Mykonos. Dort werden die Teilnehmer in 3-er Gruppen durch verschiedene Herausforderungen gecoacht, die darauf abzielen, ihnen Vertrauen in sich selbst und ihren eigenen Körper zurückzugeben.
Ziel ist es, dass nach 4 Tagen alle Teilnehmer ein stärkeres Selbstwertgefühl entwickelt haben und sich vor ihren Team-Kameraden nackt mit Body-Painting zeigen. Die End-Challenge ist ein Badeausflug an den „Naked Beach“, wo sie alle ihre Hüllen fallen lassen sollen. Niemand weiß vorab, worauf sie sich eingelassen haben. Klingt anfangs gar nicht so spektakulär. Nackt oder sogar im Bikini an einem FKK-Strand baden gehen – warum denn nicht?
Dabei haben die Teilnehmer tausend Gründe, weshalb sie das nicht machen möchten. Ihnen ist der Schock beim Verkünden der Challenges ins Gesicht geschrieben. Es wird schnell deutlich, dass die Teilnehmer mit Angst vor Ablehnung, Scham für ihr Äußeres und fehlendem Selbstwertgefühl zu kämpfen haben. 😔
Ich bin nachdenklich, teilweise sehr ergriffen von den Teilnehmern und ihrer schmerzhaften Beziehung zum eigenen Körper und demnach auch zu sich selbst. Die Teilnehmer nehmen mit den unterschiedlichsten Background-Geschichten an der Show teil. Francis z. B. ist aufgrund einer Schilddrüsenüberfunktion extrem dünn und schämt sich für sein schlankes Äußeres. Tanja, Patrick und Nadine hatten alle mit Krebs zu kämpfen und Narben von diesem Kampf davongetragen, mit denen sie sich nicht identifizieren können. Andere Teilnehmer sind übergewichtig, leiden teilweiße an einem Lipödem oder sind von Aknenarben, Hautschäden durch Verbrennungen und Operationsnarben gezeichnet. Es wird schnell klar, wie sehr die Lebensqualität beeinträchtigt ist.
Gleich zu Beginn stellt sich die 20-jährige Tatjana vor und ihr Selbstbild lässt mich nicht mehr los. Alle Teilnehmer – auch Tatjana – füllen für den Selbstversuch einen psychologischen Fragebogen aus, der aufschlüsseln soll, wie hoch letzten Endes der persönliche Körperwohlfühl-Wert ausfällt, wobei 10 das Maximum ist. Tatjana erreicht einen Wert von 1 – sie musste aufgrund einer Herzkrankheit Beta-Blocker einnehmen und hat deswegen stark zugenommen. Die junge Frau mag sich nicht, ist gequält von Selbstzweifeln und hat seit 4 Jahren keinen Badeanzug angezogen. 😢
Ufffff. Mir wird sofort wieder bewusst, dass das liebevolle Gefühl, welches mich und meinen Körper verbindet, nicht als Standard angesehen werden darf. Dieser Fakt macht mich schlagartig traurig. Was für manche von uns selbstverständlich ist, stellt für andere einen täglicher Kampf dar. Ich bin sofort in der Thematik drin und wünsche mir, dass das Bodylove-Experiment Tatjana und den anderen dabei hilft, sich selbst zu lieben und ihnen eine besser Lebensqualität ermöglicht. ❤️
Warum müssen die Coachs unbedingt nackt sein?
Ohne das Format zu kennen, hat sich mir sofort die Frage gestellt, ob es wirklich sein muss, Bodylove Coachs so nackt im TV mit Body-Paintings zu zeigen. Scheinbar JA! Denn die Idee für das Body-Positivity-Experiment kommt nicht von ungefähr: Eine britische Studie von der Goldsmiths University of London fand heraus, dass sich die Lebenszufriedenheit und das Selbstwertgefühl eines Menschen steigert, wenn er sich durchschnittliche, nackte Körper anschaut und selbst mehr Zeit mit seinem eigenen nackten Körper verbringt.👆Mein Sex-Sells“-Verdacht hat sich also in eine notwendige Therapiemaßnahme umgewandelt.
Die 4 Coachs ziehen blank und beweisen ihren Teilnehmern damit eine Menge Liebe, Mut und Selbstbewusstsein. Die Coachs stehen zu 100% zu ihren Körpern und beruhigen die Teilnehmer mit der Aussage, dass auch sie früher ihre Körper abgelehnt haben und alles andere als selbstbewusst waren. Also Authentizität 100! 🙌 Denn ich kenne wenige, die sich trauen würden, nackt mit Body-Paintings bemalt in einer vollen griechischen Hafenstadt herumzulaufen und dabei wertvolle Bodylove-Tipps zu vermitteln!
Kann man in vier Tagen tatsächlich lernen, sich selbst zu lieben?
Mein Prozess zu einem gesunden Selbstwertgefühl hat Jahre in Anspruch genommen. Ist es also wirklich möglich, dass die stark negativ geprägten Teilnehmer innerhalb von 4 Tagen lernen, sich selbst zu akzeptieren und sogar ein liebevolles Gefühl zu ihrem Körper entwickeln? Tatsächlich beweist das Experiment, dass es möglich ist, innerhalb von kürzester Zeit erste starke Impulse zu setzten und damit ein neues Bewusstsein zu erschaffen. 😊
Keiner der Teilnehmer möchte einen „perfekten Körper“ besitzen – sie wollen zufrieden mit sich sein und sich nicht mehr aufgrund von Äußerlichkeiten in ihrem Leben einschränken lassen. In Einzel-Coachings, Gruppen-Aktivitäten und der Spiegel-Challenge werden sie mit ihrem ungesunden und falschem Selbstbild konfrontiert. Während die Coaches die ganze Zeit nackt sind, müssen die Teilnehmer sich jeden Abend 20 Minuten lang nackt vor den Spiegel stellen. Sie sollen sich selbst in ihrer natürlichsten Form betrachten und ehrliche Komplimente machen. Was einfach klingt, erweist sich besonders für einige als schwieriger als gedacht. Mir kommen die Tränen. Es ist sehr traurig zu sehen, dass nicht alle Teilnehmer den Blick auf sich selbst zu ertragen scheinen und teilweiße nach Minuten abbrechen. Aber auch sie kommen in den nächsten Tagen aus sich heraus und fangen an, sich selbst vorsichtig Komplimente zu geben. Spätestens hier rollen weitere Tränen.
Natürlich werden vier Tage niemals einen komplexen langjährigen Bodylove-Prozess ersetzten. Doch sie sind das neu gewonnene Fundament für die Kandidaten, welches ihnen ermöglicht, daheim weiter an sich zu arbeiten. Auch als Zuschauer kommt man um den positiven Einfluss zum eignen Körper nicht herum. Denkmuster werden aufgebrochen, die Teilnehmer werden aus ihrer Komfortzone herausgeholt und neue Motivation wird durch die positiven Erlebnisse geschaffen. 🎉
Schön zu sehen ist, dass die Teilnehmer am Ende der Bodylove-Bootcamps einen deutlich höheren Wert auf der Körperwohlfühl-Skala erreichen! 😊
Warum ihr „No Body is perfekt“ rückwirkend sehen solltet
Falls ihr also das Format verpasst habt, kann ich euch wirklich nur empfehlen, ein bisschen Bodylove + Me-Time zu betreiben und euch die Folgen rückwirkend online anzuschauen. (Hier findet ihr den Link.)
Egal wie gut euer Verhältnis zum eignen Körper ist – wirklich jeder kann etwas Gutes für sich selbst aus der Show mitnehmen. Coaches und Teilnehmer vermitteln den Zuschauen, dass jede Veränderung, auch mental, möglich ist und wie wir durch kleine Übungen, mit uns selbst und unseren Körper besser ins Reine kommen können. 🙏
Und selbst, wer mit sich selbst und seinem Körper zufrieden ist, kann etwas aus dem Format lernen. Nämlich menschliche Werte. Wir wissen nicht, wie es im Innerem der Menschen aussieht, die uns tagtäglich begegnen. Seid freundlich und verständnisvoll. Dumme Kommentare und abwertende Blicke können das Selbstwertgefühl anderer stark runterziehen und das Leben zur kleinen Hölle auf Erden verwandeln. Spread Love! ❤️
Es ist wunderbar zu sehen, wie Kandidaten, die vehement abgestritten haben, sich am Ende der Show nackt zu zeigen, ihre Ängste überwinden und mit Lebensfreude am „Naked Beach“ plantschen. Ihr Selbstbewusstsein und Körpergefühl haben sich radikal verbessert.
Kritik und Fazit
Leider ist mir ein ziemlich böser Kommentar zu übergewichtigen Teilnehmern untergekommen. Es wurde als ungerecht kritisiert, dass die Teilnehmer, die „selbstverschuldet“, also ohne Krankheitsverlauf, „zu dick“ sind, die selben Möglichkeiten in der Show bekommen, wie Teilnehmer, die aufgrund von Krankheiten mit ihrem Äußeren zufrieden sind.
Jeder hat ein Recht auf seine eigene Meinung, aber bitte bedenkt Folgendes: Niemand beschließt aus heiterem Himmel, übertrieben viel zu essen und seinen Körper und sehr wahrscheinlich auch die Psyche damit zu beschädigen. Oftmals liegen unverarbeitete Erlebnisse oder Traumata vor, die durch die übertriebene Aufnahme von Essen kompensiert werden sollen. Auch psychisches Leiden ist eine Krankheit. 👆
Ebenso möchte ich betonen, dass wirklich JEDER Mensch das Recht hat, sich selbst zu lieben! Egal, aus welchem Grund es dazu bisher nicht gereicht hat. Erst durch Akzeptanz und Selbstliebe kann Optimierung beginnen und ein Kampfgeist entstehen. Wer sich selbst hasst, wird in den seltensten Fällen die Liebe und Arbeit investieren, die Körper und Geist benötigen, um sich selbst zu lieben.
Wobei wir bei meinen Kritikpunkten angekommen sind. In der ersten Folge heißt es: „(…) wir versuchen, uns selbst zu optimieren, anstatt uns selbst zu akzeptieren (…).“ Bei so einer Aussage muss ich schmunzeln. Ich verstehe, was SAT.1 damit sagen möchte. Nur denke ich, dass eine gewisse regelmäßige Optimierung notwendig ist, um sich mit sich selbst weiterzuentwickeln und gut zu fühlen.
Dasselbe betrifft auch den Namen der Show. Ja ja, „No Body is perfect“. Mir würde es positiv betrachtet viel besser gefallen: Every Body is perfect. Wir sind alle auf unsere ganz eigenen Art perfekt. ❤️
Leider hat SAT. 1 bereits nach der ersten Staffel den Stecker der Show gezogen. Die Quoten waren nicht hoch genug. Schade. Für mich hatte das Format einen wertvollen Einfluss, den ich mir für jeden Mitmenschen wünsche. Schön, dass die Folgen in der Online-Mediathek kostenlos und zu jeder Zeit abrufbar zur Verfügung stehen.
x Fine