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New year, new me ? Eigentlich absoluter Quatsch – Veränderungen kann man schließlich tagtäglich in Angriff nehmen. Trotzdem hat der Jahreswechsel es so an sich, dass man sich über seine alten Gewohnheiten Gedanken macht und wenig später doch ein paar Neujahrsvorsätze in die Handynotizen tippt: Weniger Screentime (trotz Lockdown), gesünder essen und der absolute Klassiker: Sport – vor allem nach all den Weihnachtsschlemmereien im Dezember. Da die Gyms weiterhin geschlossen bleiben, liegt es nahe, mal wieder die Laufschuhe rauszukramen und dem Joggen im neuen Jahr another try zu geben. Top – klingt nach ’nem Plan!
Bei uns spielte sich allerdings folgendes Szenario ab: Am 31. Dezember noch voll motiviert, weckt einem am 01.01. der Kater, dann war irgendwie Wochenende und die erste Arbeitswoche in 2021 ist einfach sooo anstrengend. Wer erkennt sich wieder? Außerdem: Man fängt im Dunkeln an zu arbeiten und macht erst wieder Feierabend, wenn das Sonnenlicht sich schon längst wieder verabschiedet hat. Zudem kommt der Corona-Blues, der die Stimmung auf einem semi-geilen Niveau hält und eigentlich nur verlangt im Bett zu gammeln, Netflix zu schauen und dabei den hotten Duke of Hastings von „Bridgerton“ anzuschmachten. Zu allem Leid ist es draußen auch noch einfach nur nass, kalt und eklig. Ergo, die Motivation fürs Joggen befindet sich bei ungefähr minus 27. Manche Jogging-Liebhaber schütteln jetzt vermutlich den Kopf und fragen sich, wieso man sich damit nur so schwer tun kann … Glaubt uns, wir wären gerne wie ihr!
Doch liebe Freunde, wir alle wissen: Das Gefühl nach dem Sport ist kaum zu toppen und gerade JETZT im Lockdown mit anklopfenden Corona-Depressionen müssen wir alle verstärkt für unser Wohlbefinden sorgen. Und das ist mit dem bloßen Anhimmeln von Regé-Jean Paul leider nicht getan. Daher Schluss mit Ausreden à la „Ich könnte mich ja erkälten“, „Jetzt ist es eh schon dunkel“ oder „Mein Tag war so anstrengend“ – wir haben neun goldene Regeln vom Profi für euch, mit dem ihr den Arsch zum Joggen hochkriegt! Dr. Paul Schmidt-Hellinger ist Sportmediziner an der Charité Berlin, Profi-Läufer und Experte beim sozialen Sportnetzwerk Strava – somit also der perfekte Mann für unser Anliegen. Take a screenshot, hier kommen die Experten-Tipps! (Und psssst, die passenden Jogging-Accessoires zum Nachshoppen kommen unten auch noch 😜)
Was es in der kalten, dunklen Jahreszeit zu beachten gilt
1. Vor dem Mittagessen ist die beste Zeit, um laufen zu gehen
„Dadurch passt man die hellste Zeit des Tages ab und bereitet den Körper gut für den Lunch vor. Die zweitbeste Zeit ist tatsächlich früh am Morgen. Die Winterzeit, die wir in Deutschland haben, begünstigt Sport zu dieser Uhrzeit. Darüber hinaus sorgt Sport am Morgen, insbesondere Laufen und Ausdauertraining, dafür, dass man wach ist. Von einem Abend-Run zum Abschalten würde ich abraten – die Konzentration sinkt im Laufe des Tages. Ist es dann noch dunkel, steigt die Anfälligkeit für eine Verletzung, sowie die Möglichkeit umzuknicken. Des Weiteren macht Ausdauertraining wach. Zu spätes Trainieren kann zu Schlafstörungen führen und ist unter Umständen kontraproduktiv.“
2. Macht euch bewusst: Outdoor-Sport ist gerade das Wichtigste für eure Psyche
„Man sollte sich seine Zeiten bewusst so legen, dass man rauskommt. Entsprechend kann die Mittagspause genutzt werden, um rauszugehen oder um Sport zu betreiben. Beim Laufen wird einem warm, wodurch die Temperaturen kein Problem darstellen. Ziel ist es, etwas Helligkeit vom Tag abzubekommen. Wenn die Trainingseinheit nicht zu hart ist, ergibt es Sinn, einmal einen hellen Moment des Tages zum Rennen zu nutzen, um so Helligkeit und Wachheit zu sammeln. Dadurch steigt die Konzentration für das nächste Zoom-Meeting und es fällt unter Umständen leichter, dieses ein wenig entspannter durchzustehen. Außerdem ist die Vitamin-D-Produktion gerade jetzt besonders wichtig.“
3. Ziele setzen ist das Geheimnis, um motiviert zu bleiben
„Commitment und Planung sind das Wichtigste, um den Schweinehund auf Dauer zu besiegen. Dabei hilft unter Umständen, sich ein Whiteboard für zu Hause zu besorgen und den individuellen Wochen- oder Monatsplan festzuhalten. Es kann sich auch förderlich auswirken, an ‚Challenges‘ teilzunehmen, um bei der Stange zu bleiben und noch mehr Motivation zu bekommen. Die Sportpsychologie hat herausgefunden, dass ein neues Gadget nicht so viel bringt. Es verliert nach 2 Wochen seinen Reiz.“
4. Die richtige Kleiderwahl macht’s
„Bei 10° Grad und ein bisschen Sonne kann man noch gut in kurzen Sachen laufen gehen. Wird es sehr kalt, würde ich zu einer Mund-Nasen Bedeckung als Kälteschutz raten – dadurch wird die Nasenschleimhaut besser befeuchtet. Was die Kleidung angeht, gilt, dass diese nicht komplett durchgeschwitzt werden sollte – also zieht euch bitte nicht zu dick an! Ist man zu durchnässt, steigt die Wahrscheinlichkeit, zu unterkühlen. Worauf man auch wirklich achten sollte, ist eine Mütze oder andere Kopfbedeckung. Wir verlieren 30 % unserer Körperwärme über den Kopf, entsprechend wichtig ist es, diesen zu schützen. Das gilt auch für die sogenannten ‚Akren‘, also Hände und Füße. Manche Menschen bekommen, sobald sie kalte Füße haben, einen leichten Schnupfen. Dieses Phänomen nennt sich Fuß-Nase-Reflex. Also: dicke Socken tragen. Auch Handschuhe sind hilfreich.“
5. Musik hören? Super – Handy aber bitte richtig transportieren
„Neuere Sportkleidung verfügt mittlerweile oft über Laschen für Handys an der Seite des Oberschenkels oder an der Seite des Gesäßes. Wenn man Tights trägt, dann halten diese in der Regel auch ganz gut am Körper und stören den Bewegungsablauf nicht. Ganz wichtig ist, dass das Handy bzw. diese Lasche nicht genau dort sitzt, wo der Knochen an der Hüfte herausragt. Sonst kann es theoretisch reiben und zu einer Schleimbeutelentzündung führen. Ich persönlich bin mittlerweile Fan von Bauchgurten, die eher wie ein Mieder gestaltet sind. Diese legt man sich flach und eng an den Bauch (z.B. unter die Jacke) wodurch der Effekt entsteht, dass der Bauchbereich noch zusätzlich gewärmt wird. Als schneller Läufer halte ich von Armgurten nichts. Diese stellen im Endeffekt ein relatives Mehrgewicht auf der einen Seite des Körpers dar, wodurch die Lauftechnik gestört werden kann.”
6. Erkältungen geschickt umgehen
„Abgesehen von dem Vermeiden falscher Kleidung, was wir bereits besprochen haben, ist es in dieser Zeit nun ganz wichtig, sich nach einer harten Trainingseinheit nicht unter Leute zu begeben und die Abstandsregeln einzuhalten. Es kann ein sogenanntes ‚open window‘* entstehen, welches je nach Intensität des Trainings zwischen 24 bis 78 Stunden andauert. Nach einem Marathon ist die Gefahr, eine Erkältung zu erwischen, beispielsweise höher als normalerweise.
Eine der besten Maßnahmen, um dem Risiko entgegenzuwirken, ist, direkt nach der Einheit einen Recovery-Snack zu sich zu nehmen. Dieser sollte kohlenhydratreich und eiweißhaltig ausfallen. Eine Schokomilch reicht aus, um in diesem Sinne den bestmöglichen Effekt zu erzielen.“
* Kurze Erklärung für alle Nicht-Jogging-Profis (keine Sorge, wir wussten es auch nicht!): „Unter ‚Open-Window-Phänomen‘ versteht man ein vermindert fähiges Immunsystem, insbesondere der oberen Atemwege. Nach intensiven Belastungen kommt es zum ‚Open-Window-Effekt‘, der bis zu 72 Stunden nach maximalen Belastungen anhält und den Körper signifikant anfälliger für eine Infektion macht.“
7. Achtet auf das richtige Schuhwerk – Stichwort: rutschiger Boden!
„Ich empfehle ein Schuhrondell – man sollte mehrere Schuhmodelle besitzen. In dieser und der vorliegenden Saison sind sogenannte Trailrunningschuhe qualitativ besonders gut mittlerweile genauso bequem wie normale Straßenschuhe. Sie sind besonders gut geeignet, wenn z.B. viel Laub liegt oder man im Wald rennt. Bei Eis ist es am besten, wenn man sich Spikes umschnallt. Es gibt ansonsten noch einen alten Trick, den man anwenden kann: Man nimmt einfach eine alte Frotteesocke und bindet diese vorne um die Laufschuhe. Bei zu starkem Glatteis würde ich dennoch eher versuchen, ein Krafttraining einzuschieben oder auf Laufband zu gehen. Oder auch einfach mal einen Ruhetag einlegen.”
8. Kalte Außentemperaturen = kalte Muskeln = besonders gutes Aufwärmen erforderlich
„Wenn man bibbernd zum Laufen antritt, dann ist es ganz ganz wichtig, dass man nicht einfach lossprintet. In einem solchen Fall ist der Hamstring, also der Oberschenkel-Muskelfaserriss schon fast vorprogrammiert. Ich empfehle Erwärmungsübungen und dynamisches Dehnen durchzuführen. In der Wohnung wird man dabei automatisch ein bisschen warm. An ganz kalten Tagen, wenn die Temperatur deutlich unter dem Gefrierpunkt liegt, sitze ich sogar 5 bis 10 Minuten auf dem Ergometer um warm zu sein. Beim Laufen ist es trotz Kälte wichtig, nicht zu warme Kleidung zu tragen. Beim Sport wird so viel Wärme produziert, dass man in zu dicker Kleidung zu schnell schwitzt und diese durchnässt. Hinten raus unterkühlt man dann. Sucht man nach Aufwärmprogrammen, so kann man bei YouTube einfach ‚warmup running‘ eingeben und sich ein 5-Minuten Video anschauen. In der Regel sind diese ziemlich gut beschrieben und jeder Sportler und jede Sportlerin kann sich seine oder ihre individuellen festen Stellen heraussuchen und lockern. Grundlegend sollten die großen Gelenke des Laufens, also Sprunggelenk, Fußgelenk Kniegelenk und Hüftgelenk einmal gut durchbewegt werden. Dies geschieht am besten noch im Warmen, damit in der Kälte entsprechend locker losgejoggt werden kann.”
9. Mund-Nasen-Schutz beim Joggen? Macht wenig Sinn!
„Wir sind im Winter früher schon immer mit Tuch gerannt. Dadurch kann die kalte Luft die Bronchien nicht so stark reizen. Durch das Tuch werden sie besser angefeuchtet und angewärmt als nur durch die Nase-Mundschleimhaut. Dies ist besonders wichtig, wenn man durch den Mund atmet. Grundlegend gilt zu sagen, dass der normale Mund und Nasenschutz wenig ausrichtet, um sich beim Sport zuverlässig vor einer Ansteckung zu schützen. Wenn man Angst hat durch die Husten-Wolken von Covid-Erkrankten oder Erkälteten im Park zu rennen, dann ist man mit Mundschutz nicht vollkommen sicher. Ein Mund- und Nasenschutz verhindert zwar ein bisschen, dennoch nicht komplett alles. Besonders wichtig ist zu bedenken, dass der Schutz bei längerer sportlicher Betätigung durchfeuchtet. Rennt man beispielsweise 20 Minuten und besucht im Anschluss eine Apotheke, so bietet der Schutz keine Sicherheit mehr in mich hinein oder hinaus. Hustet man mit einem durchfeuchteten Mund und Nasenschutz besteht die große Gefahr eine andere Person mit einem schlechten Immunsystem anzustecken. Entsprechend sollte man, wenn man mit Tuch rennt, immer noch einen trockenen Mund und Nasenschutz in der Jackentasche dabei haben.”