Ob bei der Kleiderwahl fürs Büro, das entspannte Treffen mit Freunden oder die Party am Abend. Immer wieder wandern meine Finger zu denselben fünf Teilen im Schrank. Und immer wieder entscheide ich mich dann doch ganz bewusst dagegen, genau diese Lieblinge erneut zu tragen.
Hatte ich das Shirt nicht Anfang der Woche erst an? Habe ich den Rock bei der letzten Movie-Night etwa auch getragen? Und was sollen meine Freund*innen und Kolleg*innen eigentlich denken, wenn ich schon wieder im ähnlichen Outfit auftauche?!
Irgendwie verrückt, sie so ausgeschrieben zu sehen, diese Gedanken in meinem Kopf. Und doch werden sie den meisten von uns wohl nur all zu gut bekannt vorkommen. Jeden Tag ein neuer Look. Bloß keine Wiederholungen. Diese Haltung ist längst zur Normalität geworden. Influencer*innen posten nur selten zwei Bilder mit einem identischen Kleidungsstück. Bei Promis wird bereits von „Recycling“ gesprochen, wenn sie mehr als nur einmal im selben Look gesehen werden.
Und auch im Alltag ernten leider meist diejenigen schiefe Blicke oder spitze Kommentare, die nicht mindestens jede Woche ihren Kleiderschrank rauf und runter getragen haben.
Dabei ist das weder für unsere Kleidungsstücke gut, noch für das Klima oder die Psyche. Viel zu häufig werden die einzelnen Teile schließlich bereits nach dem einmaligen Tragen in den Wäschekorb bugsiert. Oder, noch schlimmer, sogar zurückgeschickt und aussortiert. Kleidung ist zur Wegwerfware geworden. Beinahe jeden Monat werben Fast-Fashion-Brands mit neuen Kollektionen. Bis zu 60 Kleidungsstücke kauft jede*r Deutsche im Durchschnitt pro Jahr (mehr dazu hier). Genau dieser Lifestyle suggerieren uns daher: Das, was da seit wenigen Wochen im Kleiderschrank hängt, hat bereits wieder ausgedient.
Dabei gibt es längst genug produzierte Klamotten auf der Welt, um die gesamte Menschheit dauerhaft einkleiden zu können. Wir müssten keine weiteren Ressourcen verschwenden und Arbeitskräfte in Niedriglohnländern bis an ihre Grenzen ausbeuten. Wir könnten stattdessen doch einfach mal unser Einstellung ein klein wenig in Frage stellen. Einmal zurückrudern, Abstand nehmen und wirken lassen.
Wäre es nicht viel entspannter, wenn jede*r nur noch die Kleidung tragen würde, in denen er oder sie sich auch wirklich wohlfühlt? Wenn keine Fragen mehr befürchtet werden müssten, nur weil wir ein und denselben Pullover mehrmals die Woche tragen?
Klingt nicht nur nach Nachhaltigkeit … sondern vor allem auch nach so viel mehr Freiheit. Für mich jedenfalls. Losgelöst von äußeren Zwängen und wertenden Meinungen lebt es sich schließlich um einiges leichter. Und natürlich umweltfreundlicher. Denn mit dieser Haltung landen vermutlich deutlich weniger neue Kleidungsstücke in unserem Warenkorb. Stattdessen werden die „alten“ lieber wieder gehegt, gepflegt… und mit Liebe versehen.
Weniger im Kleiderschrank ist mehr
Wäre das nichts, worauf wir stolz sein könnten? Eben. Sollten wir demnächst also mal wieder vor dem Kleiderschrank stehen und zu unserer Comfy-Uniform greifen wollen, dann tun wir das bitte auch! Ohne Hintergedanken oder mulmiges Gefühl im Bauch! Bis vor wenigen Jahrzehnten war ein solcher Umgang mit Kleidung schließlich noch vollkommen normal. Und dazu können wir definitiv auf wieder zurückkehren.
Sie ist zum Wärmen da, zieht uns an, lässt uns strahlen. That’s it. Und kann im besten Fall auch noch Ausdruck unserer Persönlichkeit sein. Falls das der geliebte Oversize-Sweater am besten vermag? Dann doch ruhig mehrmals in der Woche!
Kauft euch in Zukunft also vielleicht ein paar mehr Teile, die sich universell kombinieren lassen. Und kreiert eure eigene Capsule Wardrobe (also einen minimalistischen Kleiderschrank) daraus. Oder, um es mit den Worten des grünen Online-Shops Greenality zu sagen: „Lasst uns gemeinsam normalisieren, dass man Outfits auch öfters tragen kann und Accounts cool finden, die das auch durchziehen und darüber schreiben. Ihr seid nicht weniger wert, wenn ihr nicht hunderte Kleidungsstücke in euren Kleiderschränken habt.“ 🙏
Normalisiert das wiederholte Tragen von Outfits
Und falls euch tatsächlich doch mal (wieder) jemand darauf ansprechen sollte? Zuckt mit den Schultern und kontert mit der Gegenfrage. Warum eigentlich nicht, Leute? Wer hat gesagt, dass Kleidung keinen (persönlichen) Wert mehr haben darf?