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Im trèsCLICK-Kreuzverhör: Ein Polizist stellt sich 19 fiesen Fragen und Vorurteilen

Ich kann’s ja nicht leugnen: So eine leicht einschüchternde Wirkung haben Bullen auf mich schon. Egal, wie nüchtern ich bin (aka immer, wenn ich fahre!), wie konzentriert ich auf die Straße blicke, wie lupenrein sauber ich bin – sobald ein Polizeiauto an mir vorbei fährt, habe ich das Gefühl, gleich eingeknastet zu werdenJetzt hinschauen und freundlich lächeln, oder denken die dann erst recht, dass ich ’ne Meise hab? Oder einfach dran vorbeistarren? Völlig bescheuert, schließlich sind das ja auch nur Menschen wie du und ich, die am Abend ihre Uniform ablegen und am Morgen genau so auf dem Pott hocken.

Aber davon abgesehen – jeder weiß, wie hart die Polizei angesichts der Rassismus-Debatte gerade (zurecht!) hart in die Mangel genommen wird. Mich juckt es also schon ein Weilchen in den Fingern, einfach mal einen zu fragen, ob er eigentlich was gegen Schwarze hat. Und das hab ich jetzt auch gemacht – für unser Kreuzverhör. Heute sind die Rollen im Rahmen des trèsCLICK-Kreuzverhörs mal getauscht. Die Befragung führe jetzt ich. Und dafür habe ich mir Bastian (Name geändert) aus Frankfurt geschnappt. Er ist Ende 20 und seit einigen Jahren Polizist. Geil, endlich mal ungeniert raushauen. Los geht’s.

1. Warum wird man Polizist, wenn der Beruf doch so verrufen ist?

Bastian: Damals war das noch nicht so krass. Außer natürlich die Antifa, der schwarze Block, Ultras, Nazis und Neonazis, die haben die Polizei schon immer gehasst. Durch viele Vorkommnisse ist die Polizei immer mehr ins schlechte Licht gerutscht. Das meiste hat sich die Behörde selbst zuzuschreiben, aber vieles kommt auch aus der Bevölkerung. Wir sind nicht in den USA! Wir wollen hier helfen und Grundrechte schützen. Wenn du eines verletzt, dürfen wir deins ebenfalls verletzen, um unsere Maßnahmen durchziehen zu können. Erst, wenn das verstanden wird, sieht die Bevölkerung nicht mehr den bösen Bullen, der den armen Kerl zu Boden drückt, sondern die Polizei, die einen Straftäter festnehmen will, der sich wehrt.

2. Fühlst du dich geil, wenn du die Uniform trägst?

Beim allerersten Mal vielleicht, sonst aber nicht. Man spürt zwar die Blicke, aber das kann alle möglichen Gründe haben. In erster Linie empfinde ich die Uniform als praktisch, nicht gutaussehend.

3. Und die Waffe, welches Gefühl gibt dir die?

Als ich das erste Mal die geladene Waffe in der Hand hielt, hatte ich großen Respekt und auch ein bisschen Angst davor. Der Respekt ist heute zwar noch da, ich denke im Dienst aber nicht mehr wirklich daran, dass ich sie bei mir trage. Ich hatte im Dienst öfter die Hand an der Waffe und war bereit, sie zu ziehen, aber es kam nie dazu. Ich hoffe, das bleibt so.

» Wenn jemand ein Arschloch ist, sehe ich nicht seine Nation. Das ist wie Dummheit, das gehört keiner Nation – das ist eine Allerweltskrankheit. «
Polizist

4. Bist du Rassist? 

Ich bin nicht rassistisch, Punkt. Ich bin absolut weltoffen aufgewachsen. Wenn jemand ein Arschloch ist, sehe ich nicht seine Nation. Das ist wie Dummheit, das gehört keiner Nation – das ist eine Allerweltskrankheit, siehe Corona-Leugner. Ich habe jedoch Kollegen, die deutlich abgeneigter gegenüber Ausländern sind. Es fiel intern auch mal das Wort „Neger“ und“ Schwarzkopf“. Niemand von denen würde jedoch sagen, er sei Rassist. Sie würden vielleicht zugeben, dass sie Vorurteile haben, aber die hat jeder. Mal mehr, mal weniger. Racial Profiling? Nein. Wir kontrollieren niemanden grundlos, nur weil er z.B. Schwarz ist. Aus meiner Erfahrung kann ich einige Delikte tatsächlich aber ein paar Nationen zuordnen.

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Ladendiebstahl z.B. begehen alle Menschen. In jeder Schicht der Gesellschaft, in jedem Alter, mit jeder Herkunft. Auffallend häufig allerdings rumänische Frauen und Teenager, die nach Deutschland gekommen sind. Die Männer klauen Autos und verkaufen Drogen und die Frauen bekommen Kinder und gehen klauen. Ist man dann rassistisch, wenn man nicht mehr verwundert ist, diese Personen bei einem Ladendiebstahl anzutreffen?

5. Betreibt ihr „Racial Profiling“ oder kontrolliert bestimmte Typen eher?

Ich gehe bei Personenkontrollen schon nach einem bestimmten Typ, wenn ich jemanden kontrolliere (bei Verkehrskontrollen nehme ich jedes Auto), der hängt aber von Dingen ab wie: Ort der Kontrolle, Tageszeit, haben wir einen bestimmten Grund oder ist es eine verdachtsunabhängige Kontrolle? Wahllos darf das nicht passieren, wir brauchen einen Grund. Wenn ich an einem Drogenumschlagplatz jemanden kontrollieren will, gehe ich meistens nach Kleidung. Der Durchschnitt trägt eine Bauchtasche oder eine (Fake-)Markentasche am Körper, hat eine Trainingshose an und Sneaker. Manchmal die passende Trainingsjacke dazu. Die Nationalität kann man nur erraten, aber es sind in 90% der Fälle Ausländer, die in die Kontrolle geraten, weil sie an den verdächtigen Orten stehen. Viele Nordafrikaner oder auch Jugoslawen. Dass Deutsche dabei sind, ist eher eine Seltenheit, die begehen in der Regel andere Straftaten. Wieso ausgerechnet diese Nationen oft mit Drogen erwischt werden, weiß ich nicht. Würde ein Eugen-Jonathan dort sitzen, würde er genauso in die Kontrolle geraten, nur tut er das eben seltener.

6. Wer demonstriert schlimmer: Links oder Rechts?

Linke Gewalt ist nicht so allgegenwärtig wie Rechte Gewalt, aber dafür wird Linke Gewalt schneller als solche betitelt. Beide Extreme sind scheiße. Beide zünden Autos an, prügeln sich und werfen Steine auf die Polizei. Rechte Demonstrieren seltener und wenn sie demonstrieren gibt es von Links immer Gegendemos. Da laufen auch Liberale mit und ich verstehe auch wieso, denn niemand, der mit einem Hauch Intelligenz gesegnet wurde, mag rechts. In meinen Augen wird Linke Gewalt verharmlost und Rechte Gewalt zu oft nicht als solche erfasst. Wieso das so ist, weiß ich nicht. Die Statistik zählt mehr Linke Straftaten als Rechte. Das lasse ich mal so stehen.

7. Wie oft fallen sexistische Kommentare unter männlichen Kollegen?

Wenn wir draußen unterwegs sind und eine Frau im kurzen Rock auf dem Weg zum Club an unserem Streifenwagen vorbei stöckelt, hört man schon mal den ein oder anderen Spruch – allerdings so, dass die Frau das nicht mitbekommt. Das passiert nur untereinander.

7. Hilft dir die Uniform dabei, Frauen klarzumachen?

Ich habe erst ein einziges Mal im Dienst eine Frau kennengelernt, die ich danach wieder getroffen habe. Würde ich es drauf anlegen, könnte ich mit Sicherheit mehrere Nummern klarmachen. Ich werde schon oft angesprochen, wenn ich nur irgendwo stehe und auf den Abschlepper warte. Oft heißt es auch: „Hey, meine Freundin findet dich total süß, kann sie mal rüberkommen?“ Das habe ich zwar noch nie abgelehnt, wenn es die Arbeit zuließ, aber selbst wenn das Gespräch dann nett verläuft, frage ich nicht nach der Nummer. Ich habe dann immer das Gefühl, dass man nicht in erster Linie mich sieht, sondern die Uniform. Ist wie mit Männern, die fette Autos fahren. Es gibt aber auch Kollegen, die anders drauf sind. Die flirten dann lange und lautstark und oft fragen dann die Frauen, ob man sie nicht zur Bahn fahren könne. Aber selbst da lehnt jeder, den ich kenne, ab. Der ein oder andere Zettel wird trotzdem ausgetauscht.

» Ich habe noch nie absichtlich weggeschaut, außer es war ein Junkie, der sich einen Schuss setzt. «
Polizist

9. Schon mal jemanden aus Sympathie-Gründen weniger hart in die Mangel genommen?

Jemanden begünstigt, weil er oder sie sympathisch oder gutaussehend war, habe ich noch nie und würde ich auch nicht tun.

10. Und schon mal weggeschaut,  weil du keinen Bock auf Auseinandersetzungen hattest?

Bei Straftaten noch nie, außer es war ein Junkie, der sich einen Schuss setzt, denn das sind Leute, die arm dran sind. Wenn wir merken, gleich kocht was hoch, z.B zwei Gruppen, die sich anbrüllen und schubsen, gibt’s eine Aussage über den Außenlautsprecher des Streifenwagens und das genügt oftmals. Bei Kleinigkeiten, wenn jemand beispielsweise falsch parkt, mache ich nichts, dafür gibt’s das Ordnungsamt.

11. Gibt es ein Vorkommnis, das du bereust, weil du evtl. zu hart gehandelt hast?

Ein wenig. Es war November, ich traf als Unterstützung beim Tatort ein. Mich erwartete ein stark alkoholisierter, deutscher Mann, oberkörperfrei, seine Hose hing an seinen Knöcheln. Er war halbnackt, weil er eine Gruppe von Frauen belästigte und sich vor ihnen auszog. Ein ranghöherer Kollege befahl mir, ihm Handfesseln anzulegen. Ich forderte ihn auf, sich umzudrehen und an die Wand zu treten. Er ist meinen Aufforderungen nicht nachgekommen, wollte auch die Hose nicht hochziehen, also fixierte ich ihn an der Wand und legte ihm die Handfesseln unter großer Anstrengung an. Er war zwar kleiner als ich, aber deutlich schwerer. Wir waren zu wenige Einsatzkräfte, also war ich alleine für ihn zuständig. Er brüllte und hörte nicht auf, sich zu wehren, also brachte ich ihn zu Boden – das hat bei seinem Gewicht ganz schön geknallt. Ich hatte Glück, dass er nicht mit dem Kopf aufgeschlagen ist. Weil er auf dem Boden fror, half ich ihm beim Aufsetzen, legte seine Klamotten um ihn. Zu dem Zeitpunkt tat er mir in diesem Zustand schon etwas leid, trotz seines Vergehens. Er versuchte trotzdem, so oft aufzustehen, dass seine Klamotten jedes Mal von ihm abfielen. Also habe ich sie unten gelassen. Soll er halt frieren, ich hab’s versucht. Später auf der Dienststelle sprach mich mein Chef auf seine Abschürfungen auf der Brust und an den Schultern an. Die Akte landete sogar bei der Staatsanwaltschaft, ich hatte wochenlang ein schlechtes Gewissen. Ging dann aber alles gut aus.

12. Was ist das Illegalste, das du privat machst?

Haha, ich bin echt ein Musterbürger. Vielleicht mal zu schnell fahren. Käme sonst irgendetwas raus, büße ich doppelt – einmal strafrechtlich und einmal dienstrechtlich. Es ist nicht so, dass ich noch nie an einem Joint gezogen habe, aber das war vor der Polizei.

13. Schaltest du manchmal das Blaulicht ein, weil du keinen Bock auf Stau hast?

Ohne Auftragslage bisher nicht. Zumindest nicht, dass ich mich erinnern könnte. Wir stehen oft im Berufsverkehr und regen uns genauso darüber auf wie der Bürger.

14. Woran erkennt man dich, wenn du Zivil unterwegs bist? 

Kommt auf den Kontext an. Ist man ein Streifenpolizist, der nur mal eine Kontrolle in einem Park machen will, oder ist man am Bahnhof und soll mit dem entsprechenden Klientel verschwimmen, können die Outfits von Chino, Wildlederschuhen und Hemd bis Sneaker, Jogginghose und dreckigem T-Shirt reichen. Wenn du mich nicht im Privaten als Polizist erkennst, tust du es auch nicht, wenn ich in Zivil auf Streife bin.

15. Verrätst du mir ein Dienstgeheimnis?

Jemand, mit dem ich mal zusammen gearbeitet habe, hat mal eine Blutprobe von einem betrunkenen Autofahrer über 48 Stunden ungekühlt und frei zugänglich in einem Raum liegen lassen. Der Beweiswert war dadurch gleich Null.

16. Wie viel verdienst du?

3.103 Euro brutto plus 200-400 für die Schichtzulage.

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17. Hattest du schon mal Sex im Dienstwagen?

NEIN! Weil ich weiß, welche Leute da drin sitzen, und das sind selten gepflegte Menschen. Sondern sowohl körperlich als auch menschlich abstoßende Leute. Da bliebe beim Sex immer der Gedanke daran und das finde ich eklig. Turnt mich nicht an, das mal auszuprobieren.

18. … und deine Handschellen privat benutzt?

Während der Ausbildung, ja, als sie noch frisch waren. 😉 Danach aus den oben genannten Gründen nicht mehr. Dann lieber Schlaufen, Seile und Manschetten.

19. Wie oft wurdest du schon für einen Stripper gehalten? 

Noch nie, aber wir haben uns mal so angekündigt. Wir wurden zu einer Ruhestörung gerufen, die in einem Restaurant-Garten stattfand. Es stellte sich heraus, dass es eine Hochzeit war. Mein Streifenpartner sagte, dass es Beschwerden gab wegen der Lautstärke und ein lautes „aaaaaww“ ging durch die Runde. Dann sagte er mit einem Lachen: „Spaß, wir sind die Stripper!“ und die Gäste jubelten. Wir haben dem Brautpaar gratuliert und sind dann gegangen. Wer heiratet, kann auch mal laut sein. Wozu gibt’s Ohrstöpsel?

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