Jetzt wird’s ganz schön düster: Während halb Europa gebannt die totale Sonnenfinsternis am Himmel mitverfolgt hat, legt sich auch über die irdische Musiklandschaft ein dunkler Schatten. Mit der amerikanischen Sängerin Elle King tritt nun die momentan gefährlichste Frau im gesamten Showgeschäft an, um die große, bunte Popwelt so richtig aufzumischen! Das 26-jährige Bad Girl mit der verruchten Reibeisenstimme trägt am liebsten Schwarz, ist über und über tätowiert, sagt von sich selbst, man sollte lieber die Finger von ihr lassen und hat ihr Debütalbum nach einem Sexshop benannt. Klar, dass sie auf „Love Stuff“ kein Blatt vor den Mund nimmt!
Interview: Thomas Clausen
Auf deinem Album zeigst du allen braven Popsternchen den ausgestreckten Mittelfinger und scheinst auch sonst eher von den dunkleren Facetten des Lebens fasziniert zu sein…
Elle: Das stimmt. Ich lache sehr gern, habe aber auch eine abgründige Seite. Man muss auch mal seine dunklen Seiten ausleben. Wer sich immer nur gut und anständig benimmt, kommt vielleicht in den Himmel – aber die wirklich coolen Leute treffen sich später alle in der Hölle. Dort geht die echte Party ab! Mein Motto lautet „It´s fun to be bad“.
Als ebenso badass lassen sich die Einflüsse beschreiben, die zum Titel deiner ersten Platte geführt haben: „Love Stuff“ wurde von einem Toyshop für Erwachsene inspiriert. Klingt nach ungewöhnlichen Vorlieben!
Elle: Ich dachte, es wäre eine ganz witzige Idee. Mein Manager und ich waren in einer riesigen Limo irgendwo in Florida unterwegs. Als wir an einer roten Ampel hielten, fiel mir dieser Porno-Laden mit dem Namen „Love Stuff“ auf. Ich sagte, dass ich die Platte unbedingt so nennen müsste – er hielt es zuerst für einen schlechten Witz und hat nicht damit gerechnet, dass ich es tatsächlich ernst meine. Und auch meiner Plattenfirma habe ich bis zuletzt nicht verraten, was genau hinter dem Titel steckt. Ich weiß, dass ich dafür vielleicht eines Tages im Fegefeuer schmoren werde – und ich freue mich darauf!
Auf „Love Stuff“ verhandelst du eher die unschönen Aspekte der Liebe.
Elle: Die meisten Songs handeln davon, wie mir immer wieder das Herz gebrochen wurde. Und wie mich das zu einem echten Arschloch gegenüber all den Typen gemacht hat, die ich je gedatet habe. Wenn man mit mir ausgeht, kann ich manchmal ganz schön gemein werden.
Also ist die Platte deine ganz persönliche Frusttherapie?
Elle: Genau deshalb habe ich angefangen, Musik zu machen: Um meine schlechten Erfahrungen zu verarbeiten. Das Album ist so eine Art Tagebuch für mich, auf dem ich über den ganzen Scheiß geschrieben habe, den ich erleben musste. Alles ist echt. Wenn ich diese Geschichten nicht in Songs kanalisieren könnte, würde ich vor Wut explodieren.
Trotzdem kannst du dich über zu wenig Verehrer scheinbar nicht beschweren, wenn man deine Erlebnisse auf Twitter verfolgt…
Elle: Seltsamerweise stehen die Kerle immer noch Schlange. Ich weiß auch nicht so genau, was sie an mir toll finden. Vielleicht betrachten sie es als Herausforderung, mich zu zähmen. Doch so leicht lasse ich das nicht zu. Und wenn es zur Abwechslung mal einer geschafft und mir gesagt hat, dass er mich liebt, werde ich sofort panisch und setze ihn vor die Tür.
Etwas, das du auch mit dem Song „Kocaine Karolina“ verarbeitest.
Elle: Richtig. Es geht um jemanden, der seine ganze Selbstbestätigung aus dem Umstand zieht, von anderen geliebt zu werden, der aber weder andere, noch sich selbst lieben kann. Eigentlich der klassische Kampf mit sich selbst und der Lernprozess, sich so zu akzeptieren, wie man ist.
Eine harte Lektion. Hast du gelernt, dich zu lieben?
Elle: Ich stecke immer noch mitten drin, es langsam zu lernen. Ich bin ein sehr emotionaler Mensch. Manchmal verliebe ich mich unsterblich in jemanden innerhalb nur eines Tages. Entsprechend oft wird mir das Herz gebrochen.
Du bist ziemlich heavy tätowiert; welches war dein erstes Tattoo und was hast du dir als letztes stechen lassen?
Elle: Als erstes habe ich mir meinen Nachnamen King auf meinen Rippenbogen tätowieren lassen, als ich 14 war. Meine Mutter gab mir damals die Kohle. Viele meiner Motive sind ihr gewidmet. Als letztes habe ich mir meine Hände stechen lassen.
Du hattest eine wilde Kindheit und bist in New York, Los Angeles, Philadelphia und Kopenhagen aufgewachsen. Man sagt, du hättest schon früh versucht, mit gefälschten Ausweisen in Clubs zu kommen…
Elle: Ich hatte eine ganze Kollektion gefälschter Ausweise. In New York gab es damals diese Straße, wo man alles kaufen konnte. Alle meine Teenage-Freunde hatten Fake-IDs. Wir sind damit in Clubs gekommen, haben uns ohne schriftliche Erlaubnis unserer Eltern tätowieren lassen und all die Dinge macht, von denen alle Kinder träumen. Wir waren eine echte Rock `n Roll-Clique. Ich wollte immer ein Badass-Kid sein – und zwar das krasseste von allen. Ich trug eine zerrissene Lederjacke und bin kaum zur Schule gegangen.
Was war das Schlimmste, was du während deiner Jugend angestellt hast?
Elle: Da gab es so einiges. Ich glaube, das Wildeste war, Acid auf einer Flugzeugtoilette zu nehmen.
Dein Vater ist der bekannte Schauspieler und Comedian Rob Schneider – denkst du, du hast als Celebrity-Tochter mehr zu beweisen?
Elle: Nein, überhaupt nicht. Die Leute wissen zwar, wer mein Dad ist, aber ich gehe damit nicht hausieren. Ich trage ja auch nicht seinen Namen und habe mir alles selbst aufgebaut. Dass ich die Tochter von Rob Schneider bin, ist in meinen Augen nur ein Fun-Fact; nicht mehr, als eine obskure Randnotiz. Ich denke, die Platte spricht für sich selbst.
Das Album „Love Stuff“ ist jetzt bei RCA Records erhältlich.