Die Sonne strahlt uns bei jedem Schritt entgegen, den wir in diesen Tagen gehen – und wir? Wir strahlen zurück. Fremde Menschen auf dem Weg in den Park, werden plötzlich Verbündete. Wir alle erheben lachend unsere Gläser, Flaschen, Stimmungen – und prosten dem nahenden Sommer zu.
Wem können wir es verübeln. Die letzten Monate waren dunkel und lang. Erst Ende Mai habe ich meinen Wintermantel endgültig unterm Bett verstaut. See you never again! Oder zumindest: die nächsten Monate bitte bitte nicht mehr. Wir alle brauchen Sonne, soziale Kontakte… und irgendwie Hoffnung. Die Fallzahlen sinken, die Regeln lockern sich. Viele sind inzwischen bereits geimpft oder zumindest regelmäßig getestet. Unter Einhaltung der Bestimmungen spricht also nichts dagegen, in kleiner Runde das Freie zu erobern. Da bin ich ganz bei euch.
Nur eine Sache, die kann und will ich einfach nicht verstehen: Wo zum Teufel haben wir dabei unseren Verstand gelassen? Im Home Office vielleicht?! Denn während ich, beseelt wie ich bin, den Heimweg vom Nachmittag am See antrete, fällt mir vor allem eines auf: Berge an Müll. Ob auf den Wiesen, vor Mülleimern oder um Bänke herum. Keine*r scheint sich mehr verantwortlich zu füllen, für den Dreck, den er oder sie selbst produziert hat.
War das schon immer so? Werde ich nur empfindlicher? Oder ist das Vorkommen geballter? Schon klar: Wo Innenräume gemieden werden, verlagert sich natürlich alles nach draußen. Aber können wir nicht vielleicht trotzdem den Ort wieder so verlassen, wie wir ihn vorgefunden haben?
Da zählt für mich auch die Ausrede nicht, „der Mülleimer wäre ja schon voll“. Irgendwie haben wir das ganze Essen, die ganzen Getränke, all das ZEUG ja wohl euch her transportiert. Warum also nicht einfach eine Tasche dafür bereitstellen… und den Abfall fünf Meter weiter entsorgen?!
Müllsammeln statt Müllanhäufen
Ich sag’s, wie es ist. Die Vorstellung, dass ein solcher Mehraufwand schon zu viel verlangt ist, macht mich traurig. Vielleicht sogar ein wenig wütend. Wo immer ich vorbeilaufe – spätestens am frühen Abend sind viele Grünflächen bereits zugemüllt. Woher kommt diese Alles-egal-Haltung? Ist es der fließende Alkohol? Oder das sich einschleichende After-Covid-Gefühl?
Haben wir aus den letzten Jahren denn gar nichts gelernt? Sollten wir nicht wenigstens im kleinen Rahmen bei uns selbst anfangen? Nur weil wieder vieles möglich ist, ist die Pandemie noch lange nicht vorbei. Und nur weil uns irgendwer (vielleicht irgendwann) hinterherräumen wird, ist unser Müll noch lange kein Gemeinschaftsgut.
Vielleicht also doch mal kurz an die eigene Nase fassen. Tief durchatmen, die davon taumelnden Freunde zusammentrommeln und ’ne Ansage machen: Dieser Scheiß kommt von uns – den räumen wir jetzt bitte auch wieder weg.
Vom Hinterlassen und Vorfinden
Denn eigentlich sollte genau diese Haltung doch ein Selbstverständnis sein. Oder würden wir bei Freunden zuhause die Verpackungen einfach auf den Boden fallen lassen? Auch dieser Planet ist unsere Heimat. Und die wird zerstört, wenn wir weiter so egoistisch handeln. Der Müll ist dabei nicht das einzige Problem – aber eben doch ein Teil davon. Kaum etwas kann anschließend noch sachgerecht entsorgt werden. Vieles verteilt sich in der Natur, wird von Rasenmähern geschreddert, von Tieren gefressen oder zersetzt sich in umliegenden Wasserläufen langsam zu Mikroplastik.
Oh, und schön anzusehen ist so ein vollgemüllter Park natürlich ebenfalls nicht. Warum also mitmachen, nur weil andere vor uns angefangen haben? Lasst uns lieber das einpacken, was zu uns gehört (auch wenn es eine leere, schlonzige Wurstverpackung ist) und lasst uns – next level shit – vielleicht sogar immer noch ein bisschen mehr Müll mitnehmen, als wir selbst gerade verursacht haben.
Plogging nennt sich das dann. Ein Trend, bei dem ursprünglich während des Joggens Müll gesammelt wird. Der Begriff lässt sich aber natürlich auch auf Spaziergänge und Ausflüge ausweiten. In immer mehr Städten und Dörfern gibt es zudem Vereine und Organisationen, die gezielt gemeinsames Müllsammeln anbieten. Klar kann das im ersten Moment unangenehm sein. Doch auch diese Arbeit muss getan werden. Zumindest so lange, bis jeder für die Sauberhaltung des eigenen Stücks Picknickgrund sorgt. Damit wir solche Bilder in Zukunft hoffentlich nicht mehr so häufig zu sehen bekommen. Weder jetzt gerade, noch sonst irgendwann.