Ich habe lange überlegt, wie ich diesen Artikel am besten beginnen könnte. Habe Sätze geschrieben, sie wieder gelöscht… (kurzer Hinweis an meine Kolleginnen: nein, ich habe wirklich nicht nur Ping Pong mit meiner Tastatur gespielt und dabei Snoop Dogs „Sexual Eruption“ zur Einstimmung gehört – nicht nur 😉) und mich schließlich dazu entschieden, einfach nicht lange um den heißen Brei herumzureden.
Doch bevor ich also gleich zum Punkt komme – gutes Stichwort übrigens -, möchte ich noch ein paar direkte Worte an die Männer der Schöpfung da draußen richten. Also Boys, die nächsten Zeilen könnten euch erschüttern. Ja, wirklich. Eure Welt könnte mal eben einen fetten Knacks bekommen. Oder wohl eher euer Selbstvertrauen.
Also denkt immer an die folgenden Worte: Ihr seid toll! Und gebt uns Ladys wirklich so so viel… nur eben manchmal nicht DIESE eine Sache. Das soll jetzt kein Vorwurf sein. Nein, so fangen wir gar nicht erst an. Und sorry, wenn ich das jetzt so ungeschnörkelt auf den Tisch knalle: Aber NEIN, wir Frauen kommen längst nicht so oft zum Orgasmus, wie ihr es tut. Das ist Fakt!
Oh jaaa, man hört es förmlich scheppern. Seid stark, Jungs! Und sind wir doch auch mal ehrlich, eigentlich ist es nicht mal eine große Neuigkeit. Es wird halt einfach nur kaum darüber gesprochen. Denn wer packt schon gerne in gemütlicher Tratsch-Runde aus, dass sich die Suche nach dem großen „Ohhhhh“ bei einem selbst gerne mal wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen anfühlt (wildes Rumstochern nicht gerade hilfreich☝️), oder dass man sogar (Worst Case) noch nie zum großen Finale gekommen ist.
Gleichberechtigung? Nicht beim Thema Orgasmus
Doch wie gesagt, es geht den meisten Frauen so. Ja, in einer Studie aus dem letzten Jahr heißt es sogar (52.000 Männer und Frauen zwischen 18 und 65 Jahren wurden befragt), dass nur 65 % der heterosexuellen Frauen regelmäßig zum Orgasmus kommen, wenn sie mit dem Partner zur Tat schreiten. Die Boys hingegen kamen auf eine stattliche Zahl von 95 %. Und da sage nochmal irgendeiner, die Dinge auf der Welt seien fair. Pustekuchen!
Aber keine Sorge, das soll jetzt hier sicher kein Text darüber werden, was da evolutionstechnisch zwischen Mann und Frau so alles schief gelaufen ist… neee, würde auch eh zu lange dauern. Doch mal ehrlich. Was ist da bitte los? Warum schießt bei den Männern fast jedes Mal der Korken in die Höh, während bei uns der große Knall, das große Feuerwerk, beim Sex fast immer ausbleibt? Und ich spreche jetzt wahrscheinlich für viele Ladys da draußen, wenn ich sage, dass Self-Sex natürlich immer noch eine super Option ist, um wirklich zum Höhepunkt zu kommen (und pssst: da gibt’s auch so ein paar seeeehr nette Helferlein😜)… oder eben auch ein paar extra Zungenspiele von euch, Boys! Ihr wisst, was ich meine. 😏
Doch die wenigsten Frauen kommen tatsächlich vaginal zum Orgasmus. Das ergab auch die oben genannte Studie, bei der nur 35 % der Ladys angaben, durch die bloße Penetration zum Höhepunkt zu kommen. 35 %!! Das ist weniger als die Hälfte!! Da kann man sich schon mal die Frage stellen, woran zum Teufel das liegen kann. Ich tue es auf jeden Fall! Denn hallo? Wir haben ja wohl alle ein Recht auf schwindelerregenden Sex und NOCH bessere Orgasmen.
Und wenn wir an dieser Stelle mal davon ausgehen, dass rein körperlich alles in Ordnung ist (und das wird es mit Sicherheit sein, Girls 🙏🏼), muss ja irgendwie noch etwas anderes dahinterstecken. Denn auch Dr. med. Kai J. Bühling, Frauenarzt in Blankenese, hat mir direkt zu Beginn unseres trèsCLICK-Interviews verraten: „Körperliche Ursachen für Orgasmusstörungen sind eher selten und können zum einen in einem Hormonmangel liegen, was häufiger ältere Frauen betrifft“. Selten – genau daran halten wir nun fest. (Solltet ihr euch aber doch unsicher sein, kann es natürlich nie schaden, einen Frauenarzt aufzusuchen.)
Gut, wenn wir das also so mal festhalten, bleiben auf der anderen Seite natürlich noch die Boys. Denn wenn der Großteil der Herren echt davon ausgehen sollte, dass schon Penis in Vagina reicht (👉🏻👌🏻), um die Girls auf Höhenflühe zu schicken (JA, das gaben echt 30 % in der Studie an 😳), dann sehe ICH ja schwarz. Nur eine Antwort, Jungs 😂🔽:
Naja, aber wie schon gesagt, wir wollen selbstverständlich nicht nur euch die „Schuld“ geben. Denn wie hat schon Sexpertin Samantha Jones in SATC so schön gesagt: „Wenn ich eine Einladung annehme, dann komme ich auch“. Und die kommt schließlich auch gerne mal sechsmal hintereinander. 😄Es ist also möglich. Oft. Und jaaa, ok, das ist natürlich alles fiktional, aber solche Frauen gibt es ganz sicher. Was machen die also, was wir alle nicht machen???
Wenn Sex zum Leistungssport wird
Fragen, die wir auch Single-Coach Eric Hegmann gestellt haben. Na gut, vielleicht nicht direkt so😅, doch wir wollten eben endlich eine Antwort auf die Frage, warum SO viele Girls so selten zum Orgasmus kommen oder sogar noch nie gekommen sind. Und er hat mir eine Antwort geliefert, die sich in der heutigen Zeit wohl fast jeder auf die eigene Fahne schreiben kann: „Stichwort Selbstoptimierung“.
Schneller, besser… und das Ganze lieber heute als morgen. Was in der Theorie gut klingt, stellt sich in der Praxis allerdings als schwieriger heraus als gedacht. Und mehr noch: Es zerstört Stück für Stück unser Sexleben. BÄM! 💥
„Es wird viel darüber geredet, wie wohl Sex noch intensiver und aufregender werden könnte, doch meist aus einer diffusen Erwartungshaltung heraus, weil ‚andere Paare ja viel besseren Sex hätten‘. (…) Die Quellen hierfür sind häufig Medien“, so Hegmann im Interview.
Und er hat Recht! Denn mal ehrlich, man muss nur den Fernseher anmachen oder sich ’nen guten Liebesstreifen bei Netflix raussuchen und wird schon mit den heißesten Sex-Szenen ever überschüttet. Irgendwelche Pannen? Pff, niemals! Da wird gestöhnt und sich in den Federn gewälzt, was das Zeugt hält. 💯Und was auf der Leinwand so easy und ultra heiß aussieht, scheint auch laut einer Google-Suche eigentlich keine große Sache zu sein.
Denn wenn man dort mal das Wort Orgasmus eintippt, wird man von Artikeln übermannt. Artikel à la „So kommen Frauen immer“, „Höhepunkt garantiert“ und „So bekommst du den Mega-Orgasmus“.
Klingt ja wirklich alles super. Doch die einzigen Wörter, die bei solchen Zeilen bei MIR hängenbleiben, sind IMMER, GARANTIERT und MEGA. Und naja, ich sag’s mal so: Schön wär’s! 😅 Ja, Orgasmen scheinen überall präsent zu sein, eben nur nicht im eigenen Bett.
Und genau hier liegt das Problem (obviously). Denn das Einzige, was solche Bilder, Zeilen und schlauen Tipps auslösen, ist in den meisten Fällen Druck und Stress. (Es sei denn natürlich, man heißt Samantha Jones und hat ein Selbstbewusstsein so groß wie Kylie Jenners TASCHEN-Schrank 😄)
„Paare fürchten, sie verpassen etwas. Sie wollen mithalten und kaufen Toys und gehen akrobatische Stellungen durch, für die es eine Yoga-Ausbildung braucht. Doch wenn etwas lustvolle Sexualität gründlichst verhindert, dann ist es Stress“, erklärte Hegmann weiter. „Ein Orgasmus ist meist aber nur dann möglich, wenn Entspannung erreicht wird. Dazu muss der Kopf nicht ausgeschaltet werden, aber er sollte eben nicht wie ein Beobachter neben dem Bett stehen und kommentieren.“
Ähhhm ja, anwesend! 🙈 Denn wenn wir Frauen etwas gut können, dann ist es ja wohl #overthinking. Sehe ich gut aus? Oh Gott, sieht er sich gerade meine Dellen am Oberschenkel an? Was er gerade wohl denkt? (Wahrscheinlich gar nichts, weil sein ganzes Blut längst die Gehirnzone verlassen und abwärts gewandert ist😂) Vielleicht probiere ich doch nochmal diese Stellung aus, die ich neulich in der Zeitschrift gesehen hab… aber bekomm ich das Bein so weit hoch? … STOOOOPPP!!!! ✋🏼
Denn genau das ist der Struggle bei der ganzen Sache. Sagt auch Eric Hegmann: „Sex scheint nicht nur für jüngere Menschen, die vor den ersten Erfahrungen stehen, vor allem Leistungssport zu sein, bitte mit Befriedigungsgarantie und anschließender Online-Bewertung.“ Und wenn „Leistungsdruck“ irgendwo nicht hingehört, dann ist es ja wohl ins Bett. Schließlich soll uns das Gehüpfe ja eigentlich entspannen und alles vergessen lassen… finde den Fehler!
Oder wohl eher die Lösung. Denn WAS TUN, wenn der stille Beobachter erstmal da ist und nicht mehr weggehen will?
… und was wir dagegen tun können!
Eine Frage, die ich auch Sexual-Therapeutin Nele Sehrt gestellt habe. Und nur so viel vorweg: DIE eine Antwort gibt es nicht. Und schon gar nicht DEN einen Knopf, den wir umlegen müssen, damit die Orgasmen künftig nur so über uns hereinprasseln. Schade eigentlich!
Doch eine Sache hat Nele Sehrt sofort angesprochen, nachdem wir uns durch das große Mysterium Orgasmus gekämpft haben (und glaubt mir, es gab einiges zu besprechen – es wird also auch nicht bei diesem Artikel bleiben😉). „Was ganz wichtig ist, ist den Druck rauszunehmen. Man muss eine gewisse Entspannung haben, um Sexualität überhaupt auch leben zu können und damit die ganze Blutzufuhr in die Schamlippen und Geschlechtsorgane überhaupt reingeht“, so ihre Worte. „Es ist vollkommen in Ordnung, wenn man sagt: ‚Ich bin überhaupt nicht so sexuell aktiv. Mir reicht das völlig und ich muss gar keinen Orgasmus bekommen. Das kann eine wahnsinnige Befreiung sein. Auch zu sagen: ‚Ne, ich muss dem nicht die ganze Zeit hinterherrennen‘.“
SO, und vor allem dieser letzte Satz ist mir bis heute im Kopf geblieben. Denn ist es nicht wirklich so? Genau wie Eric Hegmann schon gesagt hat, wir rennen ständig irgendwelchen Sachen hinterher, versuchen besser zu werden, ohne uns teilweise vielleicht überhaupt zu fragen, ob wir das genau so auch wollen oder brauchen.
Klar, zu einem Orgasmus sagt natürlich niemand nein, doch bei all dem (Gefallen-)Wollen vergisst man eben schnell mal das Wichtigste: sich selbst und das Genießen. Und wie heißt es schließlich so schön: „If you have to force it, leave it alone“. Und genau das ist der Punkt, auch laut Nele Sehrt. Denn sobald man versucht, die Dinge so zu akzeptieren, wie sie sind und sich dabei mehr mit sich und seiner Lust beschäftigt, kann man viel schneller zum Ziel kommen, als gedacht. Und hey, der Weg dahin (ob nun inklusive Feuerwerk oder nicht) ist doch so oder so schön, nicht waaaahr? 😏
„Studien haben auch gezeigt, dass Menschen, die sehr auf den Orgasmus fokussiert sind, signifikant häufiger Schwierigkeiten bekommen werden. Man muss den Weg erotisieren und nicht das Endergebnis. Wenn es dir Spaß macht, den Weg zu beschreiten, kommst du viel eher zum Orgasmus, als wenn du sagst ‚Ich will ’nen Orgasmus haben‘. Denn da geht’s wieder um Leistung. Das hilft nicht, denn Sexualität braucht Zeit und Raum“, so die Sexual-Therapeutin. #word
So, Girls, und genau das ist es wohl, an dem wir alle arbeiten müssen. Also bitte Kopf aus und geniiieeeßen! Damit wir beim nächsten Mal eben nicht mehr nur stiller Beobachter sind, sondern auf echte Höhenflüge abheben – und zwar zusammen! 💥😏