„Nein danke“, „Für mich nicht, danke“, „Das brauche ich nicht, danke“, „Gerne ohne, danke“. Was zunächst nach höflicher Ablehnung klingt, ist in dieser Woche tatsächlich mein ständiger Begleiter. Denn ich versuche, 7 Tage lang komplett auf Plastik zu verzichten.
Aus gutem Grund: 37 kg Müll produziert (laut CareElite) jeder einzelne Deutsche, also auch ich, im Jahr allein durch diese Art Plastikverpackungen. Und das, obwohl inzwischen eigentlich jeder weiß, wie schädlich das für die Umwelt ist – denn nicht mal die Hälfte davon wird recycelt. Stattdessen landen 8 Millionen Tonnen Plastik ungefiltert im Meer. Wenn wir so weiter machen, wird es im Jahr 2050 in den Ozeanen dreimal so viel Plastik wie Fische geben.
Bei diesen Zahlen ist es wohl kaum verwunderlich, dass ich (und auch viele andere) etwas an ihrem Verbrauch ändern wollen. Wenn auch zunächst vor allem im kleinen, persönlichen Rahmen. Eigentlich bin ich für die Thematik auch schon lange sensibel, halte mich selbst für recht umsichtig und gut vorbereitet. Denn viele Dinge habe ich eh schon in meinen Alltag integriert.
So habe ich beispielsweise immer einen Jutebeutel für Einkäufe dabei und eine Lunch-Dose für Essen. Außerdem verzichte ich auf Plastiktüten beim Einkauf und nutze Refill-Becher anstelle der Wegwerfvariante. Guter Anfang? Vermutlich… und trotzdem ist der Begriff „erster Schritt“ wohl treffender, wie ich schnell feststellen muss.
Denn auch wenn es immer neue, kleine Verbesserungen gibt – oft steht dann doch (ehrlicherweise) die Bequemlichkeit im Weg. Oder das Angebot. Aber der Reihe nach…
Tag 1 und der Alltag passiert
Es ist der erste Tag und ich beginne mein Vorhaben. Hochmotiviert, denn ich will ja sowieso schon lange etwas tun, um dem massiven Plastikverbrauch in meiner kleinen Welt entgegenzuwirken. Das wird ja wohl nicht so schwer sein…
Pustekuchen. Stattdessen bin ich schon am ersten Morgen, direkt bei meiner Beautyroutine, fürchterlich gefrustet… Gibt es eigentlich IRGENDETWAS, das nicht in Plastik gepackt ist?! Zahnpasta, Tagescreme, Wimperntusche, Lipbalm, Wattestäbchen. Ich versuche mich auf das Nötigste zu beschränken, steige auf feste Shampoo Bars um (weil: keine Verpackung, kein Mikroplastik) und komme trotzdem sehr schnell an meine Grenzen. Denn natürlich will ich die angefangenen Produkte nicht verschwenden oder wegwerfen. Aber ein motivierender Start ist das natürlich nicht gerade… Ob es für all diese Beauty-Produkte wohl überhaupt plastikfreie Alternativen gibt?!
Tag 2 startet durchwachsen …
Da ich oft zuhause vorkoche und immer meine Lunch-Dose (ja, auch Plastik, aber Mehrweg!) mit ins Büro nehme, komme ich tatsächlich überraschend gut über den Tag. Ok, bis auf die winzige, verpackte Schokolade, die ich dankend ablehne (mein Unwort der Woche!!). Doch schon am Abend lauert ein neuer Gegner…
Dieses verdächtige Rascheln lässt mich inzwischen schon aufhorchen und latent panisch werden „Oh oh, klingt nicht gut! Was hab ich jetzt schon wieder vergessen?“. In diesem Fall sind es meine Abschminktücher. Natürlich. Fieberhaft beginne ich eine Alternative zu suchen. Und finde tatsächlich ein Mikrofaser-Abschminktuch zum Auswaschen und Wiederverwenden in meinem Kulturbeutel. Ich fühle mich gut, denn dieser Ersatz ist WIRKLICH einfach und effektiv. Beschwingt geht es daher heute ins Bett.
Tag 3 bringt die ein oder andere (unerwartete) Herausforderung
Der nächste Tag wird dann zu meiner ganz persönlichen Super-Challenge. Weil ich keine Zeit dafür habe, mein Mittagessen für die Arbeit vorzukochen. Und abends zum Dinner verabredet bin.
Den ganzen Tag überall bemerkbar machen zu müssen, dass ich doch bitte gerne auf Plastik verzichten würde, fällt mir schwerer als gedacht. Ganz einfach weil es super unbequem ist, so blöd das auch klingen mag.
Trotzdem reiße ich mich zusammen und lasse mich darauf ein. Bei Edeka hole ich mir meistens einen Salat an der großen Salattheke – zur Auswahl stehen mir Einweg-Dosen und solche, die zur mehrmaligen Nutzung gedacht sind. Eine Eigene mitzubringen ist nicht möglich, da an der Kasse die Salatmenge abgewogen wird und man natürlich nicht das Gewicht jeder einzelnen Dose abgespeichert haben kann.
Die meisten greifen aus Gewohnheit daher zur Wegwerfvariante. Ich heute natürlich NICHT. Also entscheide ich mich, obwohl sie natürlich auch nicht plastikfrei ist, für die Mehrwegalternative. Und bin tatsächlich begeistert. Wenn ich fünf Mal mit meiner Mehrweg-Option Salat kaufe und die Kassenzettel vorzeige, bekomme ich nämlich sogar mein Geld für die Dose zurück.
Verbraucher und Unternehmen können gemeinsam viel bewegen
Der Wille, dem Plastikverbrauch und der Umweltverschmutzung entgegenzuwirken, ist also da. Auch vonseiten der Unternehmen. In vielen Märkten werden keine Plastiktüten mehr verkauft, an der Gemüsetheke wird mit Papiertüten für Alternativen geworben, immer mehr Einweg-Plastik-Produkte (wie Strohhalme) fliegen aus dem Sortiment. Bei Edeka selbst sagt man mir, dass die Kunden sensibler für die Thematik werden und Alternativen gerne annehmen. Auch aus eigenem Interesse heraus wird daher an jedem Schräubchen ein wenig gedreht, um mehr und mehr Plastik reduzieren zu können.
Ich bin happy – und drehe die Dose direkt meinen Kollegen im Office an. Jeder der jetzt Lust auf Salat hat, kann sie nutzen. Top! 🤗
Abends steht mein Dinner im Restaurant an, es gibt Burger und Drinks. Ich ahne zunächst nichts Böses und tappe natüüürlich direkt wieder in die nächste Falle. In jedem Getränk stecken Plastikstrohhalme. Mehrere. Mir wird klar, wie wenig man sich über solche „Kleinigkeiten“ Gedanken macht, solange man nicht sensibel darauf reagiert und achtet! Beim zweiten Drink bitte ich die Kellnerin, den Strohhalm in meinem Getränk doch bitte wegzulassen… Ohne Erfolg. Am Ende steckt trotzdem wieder einer darin. 😒
Doch was mich jetzt noch frustriert und mir Unbehagen bereitet, ist leider notwendig. Denn es ist wie mit jeder anderen Entwicklung auch. Nur wenn das Problem wieder und wieder angesprochen wird, die Ablehnung gegen Plastik größer wird… folgen irgendwann Taten, wird der Verzicht normaler. Und auch wenn es mir furchtbar schwer fällt, so etwas anzusprechen – ich nehme mir fest vor, das ab jetzt auch weiterhin zu tun. Um etwas zu verändern, muss man aus seiner Komfortzone herauskommen, die Bequemlichkeit gegen Aktionismus eintauschen. Denn nur so kann sich etwas ändern.
Tag 4 und die Erkenntnis, dass ich nicht alles beeinflussen kann
… Doch so stark und motiviert meine Gedanken auch sind. So oft werden sie doch wieder erschüttert. Denn viel zu oft habe ich den Plastikverbrauch gar nicht selbst in der Hand. Und um diesen Faktor vorher schon einrechnen zu können, habe ich zugegebenermaßen noch zu wenig Rundumblick.
Heute freue ich mich nämlich (eigentlich) auf meine Klamottenbestellung aus dem Online-Shop. Tja, leider nur wenige Sekunden lang. Bis die Ernüchterung folgt… again!
Mein Paket ist angekommen und, ihr werdet es schon ahnen, über und über in Plastik verpackt. Plastik um jedes Kleidungsstück, Plastik um einzelne Teile des Produkts… Und ja, ich verstehe dass Verpackungsmaterial notwendig ist, aber muss es wirklich SO viel sein?!
Fieberhaft überlege ich, wie ich das nun eh schon verschwendete Plastik sinnvoll wiederverwenden könnte – und scheitere. Ich muss mir eingestehen: Wenn ich bewusst die Plastikmenge kontrollieren will, um damit die Umwelt zu entlasten, muss ich statt online, eben doch im Laden einkaufen. Weil ich dort BEWUSST auf Verpackungsmaterial verzichten kann.
Tag 5 beginnt mit einem ganz besonderen Abenteuer
Denn dieses Wochenende steht ein Festival an. Heißt für mich: Camping-Platz, im Zelt schlafen, Selbstversorgung. Ob das wohl mein Endgegner wird? Schon beim Einkaufen der Lebensmittel gerate ich ins Schwitzen. Keine Nudeln, keine Chips, kein Hummus, keine Würstchen. Natürlich ist alles in Plastik verpackt. Ich ziehe mich aus der Affäre und kaufe ordentliche Mengen an Dosen, Gläschen und unverpacktem Gemüse. Obwohl gerade Dosen natürlich auch nicht besser für die Umwelt sind. Ich fühle mich ein wenig als würde ich „cheaten“, weil ich so irgendwie auch nur vom Regen in die Traufe komme.
Aber wie kann ich dem vorbeugen? Wie verbreitet und sinnvoll sind die Alternativen? Unverpackt Läden (wie das „Stückgut“ in Hamburg), in denen man sich die Lebensmittel selbst abfüllen kann, zum Beispiel? Die Idee ist super, aber auf Dauer einfach zu teuer für mich – und da die Läden (noch) selten sind, durch weite Anfahrtswege auch zu wenig flexibel. Ich habe mir allerdings vorgenommen, leicht abfüllbare Produkte wie Haferflocken, Nüsse und Mehl so oft es geht, dort in eigens mitgebrachten Glasgefäßen einzukaufen. Denn der Weg lohnt sich! Und ist nicht nur fürs Gewissen gut, sondern vor allem für die Umwelt!
Was wir sonst noch tun können? Naja, am besten direkt die Ursache bekämpfen! Und diese Petition zur Verpackungsverordnung könnte dafür genau das richtige sein. Damit soll erreicht werden, dass das Verpackungsgesetz ausgeweitet wird, um Lebensmittel in Zukunft nicht mehr in nicht abbaubares Plastik zu stecken. Womit auch Einkäufe in herkömmlichen Supermärkten plötzlich machbar wären! Also: schaut es euch an, lest es euch durch, unterschreibt und tut etwas Gutes. Easy as that.
Festival-Einkauf vs. Unverpackt Laden:
Beim anschließenden Rucksackpacken folgt dann die schmerzliche Erkenntnis. VERpacken bedeutet eigentlich fast immer Plastik. Bei der offenen Avocado, die ich mitnehmen will, geht mein erster Griff sofort in Richtung, riiiiichtig, Plastikfolie. Verdammt. Ich bin genervt, weil ich keine Zeit habe, und lasse sie einfach da. SO, das hat sie jetzt davon!
Aber langfristig macht mich das natürlich auch nicht glücklich. Also durchforste ich das Internet und finde tatsächlich eine viiiielversprechende Alternative. Wachstücher, die sich falten lassen, haften… und anschließend abspülbar sind. Produkte wie diese bereiten mir in dieser Woche tatsächlich (positive!!) Schnappatmung. Ist bestellt!
Lasset das Wochenende beginnen…
Als ich schließlich (endlich) mit frisch gekauftem Messinggeschirr (Mehrweg for the win!) aufs Festival starte, machen sich leichte Bauchschmerzen breit. Ob ich dort überhaupt etwas essen kann? Oder trinken? Ich stelle mich auf das Schlimmste ein… und werde zu meiner eigenen Verblüffung positiv überrascht. Wer auf dem Festivalgelände Essen bestellt, bekommt das entweder auf einer (recycelbaren) Serviette, oder in Papierschiffchen serviert. Lediglich die Gabeln sind manchmal noch aus Plastik – aber für diesen Fall habe ich bereits vorgesorgt. Und bringe einfach meine eigene mit aufs Gelände. Selbst auf die Bierbecher gibt es Pfand und sie sind Mehrweg einsetzbar. Auf dem Boden liegend oder kaputt findet man daher fast keine.
Weniger Aufwand also, als ich befürchtet habe! Und warum? Weil der Veranstalter des Festivals ähnliche Werte vertritt und es dem Konsumenten durch umweltfreundliche Alternativen einfach macht. Denn wenn es erst gar kein Plastik-Angebot gibt, machen auf einmal auch alle mit.
Schwieriger ist es da auf dem Campingplatz mit meinen Freunden. Aber für beide Seiten ist sehr schnell klar, dass ich eben jetzt mein eigenes Ding mache. Den Schnaps gibt es deshalb aus meinem Messingbecher (ein Bild für die Götter!), statt aus dem Plastik-Shotglas. Und ich muss, im Gegensatz zu den anderen, öfter abspülen. Das nervt, ist aber wiiiirklich mehr als vertretbar.
Die Woche neigt sich dem Ende zu, Zeit für ein Fazit
Worauf ich trotz aller Bemühungen tatsächlich nicht verzichten konnte? Sowohl auf dem Festival, als auch in der gesamten Woche? Waren Mülltüten (lieber so, als am Ende den Müll auf dem Boden liegen zu lassen), Wimperntusche (gibt es da iiiirgendwie Alternativen?! Bitte immer her mit den Ideen), Mehrwegdosen (schließlich will ich die, die ich schon besitze nicht einfach wegschmeißen) und Zahnpasta. Obwohl es die tatsächlich zum Abfüllen gibt. 👏🏽Dafür hätte ich aber vermutlich mehr Anschaffungs- und Vorbereitungszeit gebraucht.
Viele Dinge ließen sich dafür aber ganz wunderbar ersetzen. Flüssigseife durch Kernseife, frischer Käse statt abgepackter, selbst gemachte Gesichtsmaske anstelle einer gekauften Tuchmaske (Festival-Nachwehen lassen grüßen) und Olivenöl mit Avocado als unverpackte Haarkur.
Ja, man muss sich damit auseinandersetzen. Und vieles wird einem nicht gerade leicht gemacht, auf dem Weg zu weniger Plastikverbrauch. Wenn ich nun mal die Cornflakes in Plastikverpackung am meisten liebe? Oder meine Creme eben die einzige ist, die wirklich zu meiner Haut passt…?
Es bedeutet Verzicht und es bedeutet Umstellung. Vor allem muss man sich aber mit seinem eigenen Konsumverhalten auseinandersetzen – und das fällt schwerer, als man denkt. Und braucht Zeit. Aber so ein Anstoß schadet wirklich niemandem. Ohne dass man sich dabei kaputt macht. Step by step, so dass es sich in den Alltag integrieren lässt.
Man muss für Veränderungen aber eben doch mal raus aus der eigenen Komfortzone. So viel habe ich gelernt. Wenn das plastikfreie Angebot greifbarer und einfacher zu nutzen ist, als die plastikhaltige Alternative, schwören natürlich alle darauf. Sobald es aber Arbeit bedeutet, zu verzichten, ist es vielen zu anstrengend.
Und trotzdem kann jeder etwas tun. Ich für meinen Teil werde stückweise versuchen, Dinge mit Plastikverpackung durch unverpackte Alternativen zu ersetzen. Und ein geschultes Auge entwickeln, um nicht mehr so häufig in kleine Fallen zu tappen wie bisher. Aber komplett von heute auf morgen auf Plastik zu verzichten ist schwer. Das muss sich einschleichen, zur Gewohnheit werden und ja, auch immer wieder unangenehm sein. Weil sich nur so das Denken umstellen kann. Bei uns selbst UND bei den Konzernen.