„Wir müssen endlich etwas tun“. Für die Umwelt, unsere Zukunft – letztendlich für uns selbst. Wie oft habe ich diesen Satz schon gehört. Und selbst GESAGT. Nur um immer wieder doch nichts zu ändern… aus Faulheit, Bequemlichkeit. „Dieses Jahr wird alles anders“. Jedes Jahr aufs Neue. Nur dieses Mal wirklich! Also wirklich jetzt! Ich will mich nicht mehr mit leeren Worten schmücken. Ich will mich herausfordern. Was ganz bestimmt unbequem wird. Ein Jahr, viele Möglichkeiten. 12 Monate, 12 Challenges an mich selbst. Mit der alles entscheidenden Frage: Wie umweltbewusst kann ich wirklich leben? Wie viele Taten können auf Worte folgen? Ich finde es heraus. Für mich, für euch. Jeden Monat mit einer neuen #MyEcoChallenge. Weil ich’s (versuchen) kann!
Supermarkt-Routinen. Wer kennt sie nicht? Der automatische Griff nach links – Cherry-Tomaten landen im Korb. Ein Griff nach rechts – drei Paprikas im Plastik-Pack folgen. Der gierige Blick ins Kühlfach – Schokopudding muss heute sein. Man weiß eben, was man braucht. Will schnell sein, nach Hause kommen, nicht Stunden im Supermarkt verbringen müssen.
Also Korb geschnappt, Lebensmittel rein und ab dafür. Ob und wie unser Einkauf dabei verpackt ist? Wird selten hinterfragt. Bequem soll es sein, transportfähig und schnell. Dass es die Paprika einzeln auch ohne Plastik gibt? Die Tomaten stattdessen auch in einer eigenen Tasche transportiert werden könnten? Und Pudding auch selbstgemacht oder im wiederverwendbaren Glas gut schmeckt? Klingt leider viel zu oft noch abwegig und nach persönlicher Anstrengung.
Also bleiben wir bei dem, was funktioniert, bei dem, was wir kennen. Ich nehme mich da nicht raus. Na gut, mal abgesehen vom letzten Monat, als ich meine Routine durchbrochen und meine Ernährung mal eben auf vegan umgestellt habe. Also warum eigentlich nicht weitermachen, mit dieser Herausforderung?
Damit, die Komfortzone zu verlassen? Indem ich einfach mal versuche, verpackte Lebensmittel so gut es geht zu ersetzen. Immerhin will ich’s in diesem Jahr ja so richtig wissen. Also – weiter geeeeeht’s!
Ring frei und Müllbeutel gezückt füüür – Challenge 2
In diesem Monat will ich deshalb vollkommen ehrlich sein. Zu mir und zu euch. Dafür braucht es manchmal ein wenig Konfrontation. Vielleicht schockiere ich mich, vielleicht klopfe ich mir anschließend auch anerkennend auf die Schulter. Und wachse vielleicht ein bisschen daran. Dafür werde ich zwei Wochen lang mein ganz normales Einkaufsverhalten reflektieren und beobachten – indem ich all den Müll sammle und aufbewahre, der da tagtäglich so zusammenkommt. Ein wenig achte ich sowieso schon darauf. Aber neben Plastik zählen eben auch andere Verpackungen wie Aluminium, Kunststoff oder beschichtetes Papier dazu. All der Müll eben, der in Deutschland oft so ganz allgemein „in der Gelben Tonne landet“. Jaaa, dazu gehört auch der Strohhalm aus der Bar und die mitgebrachte Chips-Packung vom Abend bei Freunden. Und ja, auch die Plastikhülle der zahlreichen benutzten Taschentücher (Schnupfenzeit hin oder her 🙊).
Denn (raus)reden kann ja jeder. Aber weiß jemand wirklich so genau, was sich da im eigenen Haushalt so an Verpackungsmüll anhäuft? Von der eigenen Person verursacht? Was für Abfallprodukte entstehen denn nun, wenn ich genau so konsumiere, wie ich es routiniert eben tue? Was verbrauche ich wirklich? Was landet in den Mülltüten – die ab jetzt mahnend in meinem Zimmer stehen?
Meine WG rümpft erstmal die Nase. Schon klar. Ist auch irgendwie schwierig, Verpackungen von WG-Allgemeingut wie Seife oder Spülmittel auf mich umzumünzen. Oder den Müll, der rumsteht, nicht einfach zu entsorgen (weil: „Haaaaaaalt, das war mein Joghurt-Becher!!“). Aber was soll ich sagen, wir spielen uns ein. Ganz freundlich bewahrt mein Mitbewohner am Ende sogar die Plastikhülle des Klopapiers auf – gehört ja zu einem Viertel zu meinem Müll (danke dafür btw. 😒) Die zwei Wochen nehmen also ihren Lauf… und der Müll häuft sich. Joghurtbecher, Milchtüten, Nudelverpackungen, Schokoladenpapierchen, Konservendosen. Ich versuche mein „normales“ Kaufverhalten beizubehalten – doch der Müll in meinem Zimmer versetzt mir schon jetzt einen gnadenlosen Stich. Ich will grummeln und ihn ignorieren und denke trotzdem „Jackpot, ging ja schnell mit dem Bewusstsein!“.
Auf Partys regnet es Plastikbecher wie Konfetti, von unterwegs bringt mir jemand den Saft-to-go, ins Office lassen wir uns Lunch liefern. Plastik? All over the place! Das alles, bevor ich überhaupt groß darüber nachdenken kann. Und auf einmal besteht die Welt aus „Gefahren“. Verpackungen, wohin das Auge reicht. So präsent! Weil der Berg wächst und ich weiß, dass ich das Ergebnis am Ende der Challenge offenlegen muss. Ist schon hart, sich selbst den Spiegel vorzuhalten. Aber hey, ich wollt’s ja nicht anders. Und sind ja nur zwei Wochen, was können denn schon zwei Wochen…? Tja…
Zwei Wochen, drei gefüllte Mülltüten und etliche Gewissensbisse später? Kommt die (immer schon da gewesene, ständig verdrängte, lange abgeschüttelte) Erkenntnis: Das muss doch auch anders gehen. Weniger, bewusster, mit neuen Routinen. Denn allein in den zwei Wochen kommt bei mir ordentlich Müll zusammen. Über 400 Kilogramm sollen es laut der „WirtschaftsWoche“ pro deutschem Einwohner im Jahr sein. Neben Haushaltsmüll zählt in diese Rechnung zwar auch Sperrmüll hinein, eine erschreckende Zahl bleibt es trotzdem (oder umso mehr). Und obwohl Deutschland in Sachen Müllverwertung europaweit gut dasteht, werden bisher nur 50 % unserer Abfälle verwertet oder recycelt, der Rest wird häufig durch ganz Europa oder sogar nach Asien transportiert oder direkt verbrannt. Und landet im schlimmsten Fall, noch bevor er verwertet werden kann, in der Natur und schadet Tieren und der Umwelt.
Eine Einzelperson, zwei Wochen, 1 qm Verpackungsmüll:
Weniger Konsum bedeutet im Umkehrschluss also immer auch weniger Belastung für die Umwelt. Und vor allem bedeutet es Umdenken. Ein Umdenken, das wir als Konsumenten bei den Herstellern vorantreiben sollten und müssten. Denn nur so werden umweltschonende Verpackungen etabliert und nachhaltige Alternativen schneller massentauglich gemacht.
Die nächsten zwei Wochen im Februar bedeuten für mich konsequenterweise da natürlich? So wenig Müll und Abfall wie möglich produzieren. Wie viel „weniger“ ist im Alltag tatsächlich möglich? Wo komme ich an meine Grenzen? Das einzige, was ich bisher mit Sicherheit weiß, ist, DASS es weniger werden muss. 😳
Zwei Wochen ohne Plastik. Oder aber: Wo zur Hölle gibt es unverpackten Spinat?!
*Spoiler Altert: NICHT auf dem Wochenmarkt um die Ecke – das wäre aber auch zu einfach*
Der Druck auf meinen Schultern weicht schnell einer freudigen Anspannung. Endlich Schluss mit den Schuldgefühlen. Endlich umsetzen, was mir seit Wochen (eigentlich genau zwei Wochen) unter den Nägeln brennt. Woran mein Umfeld und meine Kollegen diesen Aktionismus merken? Ich skippe Freitagabend den „Champagne Friday“ – das gemeinsame Anstoßen auf die Woche, was WIRKLICH Tradition bei uns hat. Warum? Weil ich am Samstag fit sein will – für den Wochenmarkt und meinen liebsten Unverpackt-Laden (den ich seit meiner plastikfreien Woche bereits immer mal wieder besuche). Kurz überlege ich mir, ob ich mich jetzt alt fühlen sollte. Entscheide mich dann aber dagegen. Denn eigentlich ist es ein ziemlich schönes Gefühl. Morgens ohne Kater aufstehen, geschäftstüchtige Menschen anstrahlen (auch wenn sie es nicht unbedingt erwidern 😜) und mit einer erfolgreichen Ausbeute zurückkehren.
Mangold unverpackt, Oliven in der eigenen Dose, Pilze im mitgebrachten Beutel und vor allem – loser S A L A T!! Mein Herzlein hüpft! Habt ihr mal versucht, im Supermarkt unverpackten Salat zu finden?! Mission Impossible! Stellt euch also vor, nach etlichen vergeblichen Supermarktbesuchen ist endlich wieder eure Lieblingsschokolade im Sortiment. So geht es mir nach diesem Marktbesuch – nur mit Gemüse. Was irgendwie gruselig ist – mir aber den Rest des Tages ein Dauergrinsen ins Gesicht zaubert. Gutes tun tut gut! 🙈
Und tatsächlich bleibt der Müllhaufen kontinuierlich ein Häufchen. Wozu auch der Einkauf im Unverpackt-Laden beiträgt, ganz klar! Nüsse, Mehl, Nudeln, Haferflocken, Samen, Gewürze, Erbsen und Linsen. Alles, was „fest“ ist und lange haltbar, gibt’s hier abgefüllt ins eigene Glas. Auch preislich bemerke ich nach mehreren Einkäufen nur einen kleinen Unterschied nach oben. Nach und nach tausche ich Lebensmittel aus Plastikverpackungen, die zur Neige gehen, jetzt einfach aus. Warum eigentlich nicht immer so?! Frage ich mich… und lasse den Alltag passieren. Ach, DARUM also. Unter der Woche fehlt mir oft die Zeit – ich müsste mich zwischen Kochen und Einkaufen entscheiden, freitags will ich den „Champagne Friday“ eben nicht immer sausen lassen – oder ich bin einfach gleich gar nicht in Hamburg. Und schon trifft sie mich, die Realität.
Wann soll ich die Zeit finden, unverpackt einzukaufen, neben 40-Stunden-Job und Fernbeziehung? Was mache ich mit Produkten wie Milch, Joghurt, Aufschnitten? Warum zum Teufel gibt es wirklich nirgends losen Babyspinat, den ich aber doch in ungefähr j-e-d-e-r Mahlzeit verarbeite?! Was ist mit Chips, die meine Freunde für einen WG-Abend kaufen? Und der Schokolade, die mir eine Freundin als Gastgeschenk mitbringt? Wie sehr interessiert mich die Herkunft der Lebensmittel, wenn auf einer Party gekocht wurde? Und was mache ich, wenn ich krank im Bett liege und nur noch Grippostad, Taschentücher und Zwieback zu helfen scheinen (Haaaaha, alles in Plastik verpackt)?
Wenn aus Überforderung (Selbst-)Akzeptanz wird
Was sich nach Verzweiflung anhört, fühlt sich zum Glück gar nicht lange so an. Ich befinde mich eben in einem Prozess, lerne täglich dazu und pendle mich gerade erst ein. Ich will nicht böse auf mich selbst sein oder (vor allem nicht) mein Sozialleben vernachlässigen. Manches geht an manchen Tagen eben doch nicht verpackungsfrei. Manche Produkte, die ich Wochen zuvor verpackt gekauft habe, gehen eben genau JETZT zu Ende. Ich lebe damit. Auch wenn das ein Schnipselchen mehr auf meinem Müllhaufen bedeutet…
In erster Linie zählt das „sich bewusst machen“. Und dass ich im Supermarkt jetzt automatisch zur unverpackten Paprika greife – anstatt zum 3er-Pack in Plastik. Dass es mir Spaß macht, Gläser mit unverpackten Nüssen zu befüllen – und ich dafür auch gerne mal zwei Tage länger darauf verzichte. Dass ich bei Bestellungen nett lächle und „für mich bitte ohne Strohhalm“ ansage. Dass es Teil meiner neuen Routine wird, Verpackungen zu erkennen und stattdessen Alternativen zu nutzen.
So einfach können wir Verpackungen umgehen:
Das mag manchmal aufwendiger sein und anstrengender. Aber es ist wichtig. Denn wenn jeder von uns bewusster konsumiert, werden auch die Hersteller mehr und mehr dazu gezwungen, plastikfreie, verpackungsfreie Alternativen anzubieten. Was für eine Vorstellung: verpackte Lebensmittel als Ladenhüter, über die der Kopf geschüttelt wird!
What a time to be… OK, shhht, ganz ruhig! 😅 Bis dahin ist es wohl noch ein ziemlich weiter Weg. Den ich nicht alleine gehen will. Den hoffentlich immer mehr Leute mit mir teilen. Mit kleinen Schritten, vorwärts in eine plastikfreie, zurück in eine bewusster konsumierende Welt. Gemüse aus Plastikverpackungen gibt es bei mir jedenfalls so schnell nicht wieder. Außer vielleicht Kräuter (Koriander ist fast so gemein wie Babyspinat!!). Linsen, Hülsenfrüchte, Mehl und Co. werde ich dann unverpackt ersetzen, wenn die jetzige Packung zur Neige geht. Joghurt und Tiefkühlbeeren, Räuchertofu und Kokosmilch? Kann ich für mich (noch) nicht ersetzen. So ist das mit der Balance. Und dem Wachsen an eigenen Herausforderungen. Mein Müllberg wird jetzt trotzdem kleiner. Und Blattspinat? Den habe ich tatsächlich noch auf einem Markt gefunden. In Berlin, viel zu überteuert. Trotzdem irgendwie mein persönliches Happy End.
Der Vorher-Nachher-Vergleich:
Die „Ausbeute“ der ersten zwei Wochen
Der Müll aus den letzten beiden Wochen