Ein Cover-Girl posiert für die Printausgabe der Cosmopolitan UK. Es trägt einen dunkelgrünen Badeanzug, präsentiert neckisch seine zahlreichen Tattoos, wirft dem Leser eine Kusshand zu. Die rote Wallemähne ist lässig über die Schulter geworfen, ein Arm sexy in die Hüfte gestemmt.
Klingt nach dem Cover einer Frauenzeitschrift, wie es uns zuhauf in den Shops entgegenlacht, oder nicht? Und trotzdem ist bei diesem alles anders, alles irgendwie „neu“. Findet das Netz jedenfalls – und ist mit seinen zahlreichen Diskussionen und Argumentationen kaum noch zu stoppen…
Warum? Weil es sich bei der jungen Frau auf dem Cover um Plus-Size-Model und Bodypositive-Aktivistin Tess Holliday handelt. Sie steht dabei nicht etwa in der Kritik, weil ihr Charakter den Menschen übel aufstößt oder das Bild besonders provokativ wäre, sondern – natürlich – wegen ihres Körpers.
Tess Holliday strahlt uns im Bikini entgegen:
So wenig braucht es also, um das Netz in zwei Lager zu spalten. Während die einen es feiern, endlich auch Frauen mit größeren Größen auf (immerhin) einem Titelblatt zu sehen, kritisieren andere, dass auf diesem Weg nur ungesundes Übergewicht salonfähig gemacht werden würde.
Tess ist die Anfeindungen gewohnt. Es gehört zu ihrem Alltag, gesagt zu bekommen, sie solle sich etwas anderes anziehen oder am besten gar nicht ohne lange Bekleidung zeigen – wie sie im Cosmopolitan-Interview verrät:
„Ich war so oft wütend und traurig, weil die Leute immer wieder meine Bilder kommentierten und sagten: „Du bist zu fett, um das zu tragen“ oder „Zieh dir was an, keiner will das sehen!“.„
Und gerade durch das Cover-Shooting scheint genau diese Diskussion um ihren Körper noch einmal so richtig Aufwind zu bekommen…
Die Meinungen könnten dabei konträrer nicht sein:
„Danke, Cosmopolitan, für ein Plus-Size-Cover-Model. Es fühlt sich toll an, jemanden wie mich repräsentiert zu sehen.“
„So enttäuscht von Cosmo! Warum nicht einfach mal ein normales, gesundes Gewicht promoten? Nicht krankhaft übergewichtig, das ist genau so schlimm wie Size Zero zu unterstützen.“
„Damit wird nicht Fettleibigkeit promotet, viel mehr zeigt es der Gesellschaft einfach, dass es mehr als nur einen Körpertypen gibt.“
„Meine Frau ist Krankenschwester im Bereich Kardiologie. Also habe ich genug Wissen darüber und kann sagen, dass sie diese Frau nicht als gesund bezeichnen würde.“
„Wie ich vorhin schon meinte, begann alles als ich noch ein Teenager war (und ein gesundes Gewicht hatte), wegen der Gene und weil ich Essen mag. Aber meine dünne Nichte liebt Essen genauso. Wir essen das Gleiche. Die selbe Menge. Bei ihr würde aber niemand auch nur aufschauen, wenn sie auf einem Magazin-Cover zu sehen wäre. Weil ihre äußere Erscheinung nicht eure Idee von „ungesund“ widerspiegelt. Ganz ehrlich, junge Menschen, die dieses Cover sehen, werden nicht absichtlich fett… sie werden einfach nur wissen, dass Menschen in jeder Größe und gesundheitlichen Verfassung schön sein können und ein Recht darauf haben, ihren Körper zu lieben und zu leben.“
„Viel zu viel Gewicht um einfach nur „aufgequollen“ zu sein. Also wach auf. Wenn du dir selbst erlaubt hast so dick zu werden, dann willst du es auch. Es ist abnormal und widerlich, vor allem dann, wenn es glorifiziert wird. So etwas wird niemals akzeptiert. Die Gesellschaft mag harte Arbeiter einfach mehr.“
Wir selbst fragen uns bei so viel Aktionismus vor allem: Sind diese persönlichen Anfeindungen denn wirklich notwendig?! Als kurzer Reminder vorneweg: Nein, natürlich ist es nicht Sinn der Sache, von einem ungesunden, extremen Körperbild ins nächste zu rutschen. Oder die Risiken, die starkes Übergewicht mit sich bringen können, zu verharmlosen.
Aber Menschen kommen nun mal in allen Formen, Größen und Maßen vor. Ganz egal, aus welchem Grund (den ja wohl niemand von außen beurteilen kann). Und JA, jeder davon hat es verdient, sich mit jemandem identifizieren zu können. Sich nicht alleine fühlen zu müssen. Seinen Körper „sogar“ schön zu finden und (guess what!) lieben zu dürfen.
Dafür ist es notwendig, dass nicht immer nur ein und dasselbe Bild als „Schönheitsideal“ vorgelebt wird. Denn ja, hier geht es vor allem um Repräsentation. Die Cover, Shootings, Editorials, Werbungen, Insta-Feeds sollten vielfältig sein – so wie es die Menschen eben auch sind.
Und so lange es noch einen solchen Aufschrei gibt, wenn Frauen wie Tess Holliday auf einem Cover erscheinen, wissen wir, dass wir eine gleichwertige Darstellung aller Körper noch lange nicht erreicht haben…
Wie gut dass Tess die Motivation hinter ihren Bildern einfach direkt selbst zusammenfasst. Denn, Überraschung Leute, es geht einfach nur darum, sich selbst akzeptieren zu dürfen:
„Wenn ich einen Körper wie meinen in einem Magazin gesehen hätte, als ich ein junges Mädchen war, hätte es mein Leben verändert. Und ich hoffe, dass genau das jetzt für einige von euch passiert.“
Also: Können wir dann jetzt vielleicht alle ein bisschen mehr love spreaden, anstatt hate? Würden wir persönlich ja tatsächlich am allermeisten feiern. 😏💞💞