Warum trinken eigentlich immer alle nur Gin Tonic? Ist Whisky nicht mindestens genauso gut? Und kann man lernen, ihn zu mögen? Ein Selbstversuch:
Mein Mann liebt Whisky. Ich nicht. Schon seit einiger Zeit fragt er immer mal wieder, ob ich probieren möchte, wenn er eine neue Flasche zu Hause hat. Aber es ist immer dasselbe: Schon der Geruch erinnert mich irgendwie an Medizin.
Als ich also vor ein paar Wochen an der Theke der Bar „The Rabbithole“ saß, erzählte mir Barkeeperin Constanze Lay, dass auch sie am liebsten Whisky trinkt. „Mir ist er irgendwie zu bitter“, entgegnete ich. „Eine Freundin von mir mochte auch keinen Whisky“, sagte Constanze daraufhin, „aber ich habe sie ein bisschen herangeführt“. „Kann man lernen, ein Getränk zu mögen?“ fragte ich. „Klar“, sagte Constanze.
Mein erster Eindruck
Das will ich ausprobieren. Denn nicht nur mein Mann, sondern viele meiner Freunde mögen Whisky. Ich möchte das verstehen. Also gehe ich eines Abends wieder ins „Rabbithole“, damit Constanze ihn mir schmackhaft machen kann. Sie ist Barmeisterin, eine sehr gute sogar, und ich habe Vertrauen zu ihr. Als sie mir also einen Whisky Sour (Whisky, Eiweiß, Zucker, Zitrone) hinstellt, bin ich zuversichtlich. Zu Recht. Das schmeckt mir. Nicht so herb wie befürchtet, sondern einfach lecker. Der nächste Drink, den sie mir serviert, ist noch besser: New York Sour. Dafür schüttet sie Rotwein zum Whisky Sour (sie nennt das „floaten“) – ich liebe es!
Jetzt werde ich mutig: Um nicht wie eine komplette Anfängerin dazustehen, probiere ich den Heaven Hill aus dem Cocktail auch pur. So schlimm ist das gar nicht. Allerdings ist natürlich Whisky nicht gleich Whisky.
Deswegen wechselt Constanze von Bourbon zu Scotch, einem Laphroaig Quarter Cask, einer holzigeren Variante. Sie will mich langsam heranführen und mixt das Ganze für mich in einer Mädchenvariante mit Himbeerpüree, Zitrone und Zucker. Dabei erzählt sie mir, dass bei ihr sehr viele Menschen Whisky trinken. Auch Frauen. „Was ‚Sex and the City‘ für den Cosmopolitan war, ist ‚How I Met Your Mother‘ für den Whisky“ erklärt sie mir. Es ist nämlich der Favorit von Protagonistin Robin. „Whisky war schon immer da“ sagt Constanze, „aber er galt lange als Altherren- oder Expertengetränk“. Diese Zeiten sind vorbei, ich kenne zumindest sehr viele junge Männer, die Whisky trinken und vor allem auch junge Frauen. Dass ich bisher nicht darauf stand, heißt ja nichts. Whisky ist Trend, ja, ich wage zu behaupten: Whisky ist der neue Gin!
Aber zurück zu meinem Getränk auf der Theke: Der Whisky darin schmeckt pur tatsächlich rauchig. Und das meine ich wörtlich. Mein Mann – der Fan – sagt: „Der ist mir zu stark.“ Ich kippe ihn trotzdem runter.
Mittlerweile habe ich einen ordentlichen Glimmer, aber ich muss weiter trinken, deswegen bin ich schließlich hier. „Rantrinken“ nennt Constanze das. Das Whiskytrinken lernen. Blood & Sand heißt der nächste Drink: Kirschsaftlikör, Orange, roter Wermut und ein 10-jähriger Single Malt Whisky aus Schottland namens Ardbeg. Ja, das schmeckt. Wirklich. So langsam gefällt mir dieser Whisky wirklich gut. Und kaum habe ich zu Ende gedacht, ist das Glas schon wieder leer.
Von Whisky zu Whisky werde ich immer mutiger
„Einer geht noch“, denke ich deswegen diesmal laut. Constanze stellt mir einen Manhattan hin (Old Overholt Rye Whisky, Angostura und roter Wermut). Vielleicht liegt es am vielen Alkohol, vielleicht daran, dass mein Geschmackssinn heute Abend toleranter geworden ist. Ich mag das, sogar den puren Rye Whisky. Trotzdem muss jetzt Schluss sein, sonst falle ich vom Hocker. „Es gibt so viele Drinks, mit denen man sich an Whisky ran trinken kann“, sagt Constanze. Und vermutlich hat sie Recht. Aber nicht für mich. Zumindest nicht heute. Ich habe genug.
Trotzdem: Wenn ich das nächste Mal in eine Bar gehe, werde ich mir einen Whisky Sour bestellen. Den mag ich nämlich neuerdings.