Liebe & Sex & Freundschaft Life

Wie es sich anfühlt, wenn sich dein Freund plötzlich nicht mehr meldet

Ihr kennt ihn bestimmt schon, den Trend namens „Ghosting“: „Ghosts“ beenden eine Beziehung, indem sie für den anderen einfach nicht mehr erreichbar sind, also zum „Geist“ werden. Ohne Erklärung, ohne Schlussmach-Gespräch und fliegende Teller. Uns hat ein Ghosting-Opfer erzählt, wie sich das anfühlt.

„Schreib, wenn du gut angekommen bist!“. Ich hätte nie gedacht, dass das einmal die letzten Worte sein würden, die ich zu meinem Freund sage. Zwei Tage später wiederhole ich diese Worte wieder und wieder in meinem Kopf. Hab ich irgendwas verpasst? War er irgendwie anders? Was hat er angehabt? Ist er AM LEBEN?

Max und ich waren seit viereinhalb Jahren zusammen. Klar, unsere Beziehung war nicht perfekt, aber irgendwie schafften wir es immer, uns zusammen zu raufen. Meisterten die studienbedingte Entfernung Hamburg-München, getrennte Freundeskreise, den Stress der ersten Jobs und was sonst noch so zum Erwachsenwerden dazugehört. Seit einem Jahr wohnten wir sogar zusammen und ich genoss es, wenn wir „Haus spielten“, wie ich es nannte.

Sogar ein Kaninchen hatten wir uns angeschafft. Max hat es mir zu unserem Jahrestag geschenkt und gesagt, dass wir jetzt eine richtige kleine Familie wären.

Knappe drei Monate später sitze ich bei der Polizei um eine Vermisstenanzeige aufzugeben. „Und Sie haben sonst keine Nummer, wo Sie ihn erreichen können?“, fragt die Beamtin mich mitleidig. Ich erzähle zum gefühlt zehnten Mal, dass er auf einem Fortbildungsseminar in Berlin ist und ich dort niemanden kenne. „Wann haben Sie das letzte Mal von ihm gehört?“ „Vor drei Tagen“, stammle ich und merke, wie mir die Tränen übers Gesicht laufen. Ein erster Check bei umliegenden Krankenhäusern hat nichts ergeben. Seine Eltern sind im Ausland und ebenfalls nicht erreichbar. Und seine Kumpels haben auch nichts von ihm gehört.

» "Jetzt übertreib mal nicht. Du stalkst mich ja richtig" «
Max

„Taucht er öfters mal ab?“, fragt die Polizistin und reicht mir ein Taschentuch. Ich muss raus.

Ich laufe nach Hause und wünsche mir den ganzen Weg, dass er einfach in der Küche sitzt und alles nur ein böser Traum war. Tut er nicht. Ich schreibe an seine Facebook-Wall: MAX, BITTE MELDE DICH! ICH GEBE SONST EINE VERMISSTENANZEIGE AUF!

Dass seine und unsere Freunde mitlesen, ist mir egal. Ich will endlich Gewissheit, sonst drehe ich durch. Zum Einhundertzwanzigsten Mal wähle ich seine Nummer. Doch statt der Mailbox geht plötzlich jemand ran. Max? MAX!!!

„Hey …“ Er klingt komisch, ganz weit weg, irgendwie. Ich weiß nicht, was ich sagen soll und fange an zu schluchzen. „Jetzt übertreib mal nicht! Du stalkst mich ja richtig“, sagt Max. Keine Erklärung, keine Entschuldigung, nichts.

Es geht ihm gut. Er brauchte einfach mal etwas Abstand, das wäre doch nichts besonderes. Mir fehlen die Worte. „Ich bleibe ein paar Tage länger in Berlin und melde mich dann, ja?“

Ich lege auf. Und verstehe erst gar nichts mehr. Und plötzlich alles. Er will einfach nicht mehr mit mir zusammen sein. Und hat nicht die Eier, mir das zu sagen.

Meine Vermutung bestätigt sich, der versprochene Anruf kommt nie. Sein Kumpel holt ein paar Sachen für ihn ab, das war’s. Durch Bekannte erfahre ich, dass er immer noch in Berlin ist und eine neue Freundin hat. Ich de-friende ihn, lösche seine Nummer (als ob ich sie nicht auswendig wüsste) und schmeiße seine restlichen Sachen auf den Müll. Meine beste Freundin zieht vorübergehend ein und hilft mir mit viel Schokolade und noch mehr Wein über die schlimmste Zeit.

Und irgendwann ist es so weit: Ich wache auf und er ist nicht mehr mein erster Gedanke. Dafür bekomme ich heute noch ein mulmiges Gefühl, wenn ich meinen jetzigen Freund nicht sofort erreiche. Und das verzeihe ich Max nie.

Credit: Le 21eme

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