Eigentlich wollte ich nie heiraten. Das war so gar nicht mein Ding; meistens haben meine Beziehungen dafür auch gar nicht lange genug gehalten. Die meisten meiner Freunde hatte ich schon nach ein paar Monaten wieder über. Oder ich habe mich gleich von vornherein in die Falschen verliebt. So war es auch im Sommer 2014. Nach einem monatelangen Hin und Her mit meinem Exfreund beschloss ich, einen harten Cut zu machen: Ich beendete meine Beziehung und kündigte meinen Job.
Bevor ich als Bankerin an einem anderen Kreditinstitut anfangen sollte, wollte ich zwei Wochen Urlaub machen, neue Kraft tanken und alles hinter mir lassen, also packte ich mein Surfbrett in meinen VW Bully und fuhr nach Fehmarn. Es war mitten im Juni und das Wetter war richtig gut; die meiste Zeit hing ich deshalb mit anderen Surfern am Strand ab und genoss das Leben.
Nach fast zwei Wochen traf ich Stefan am Strand. Er fiel mir schon vom weiten auf und unsere Blicke trafen sich kurz. Ich fand ihn sehr sexy, sehr selbstsicher, fast ein bisschen arrogant. Ich wollte sofort mehr über ihn wissen; zu dem Zeitpunkt hätte ja einfach alles sein können: dass er verheiratet/ schwul /was auch immer ist. Wie sich dann herausstellte, kannte er Julia, eines der Mädels, mit denen ich hier tagsüber immer am Strand herumhing. Die stellte uns auch einander vor und wir kamen ins Gespräch.
Während die anderen weiter surften, redeten wir über alles, über Gott und die Welt, aber am Ende war ich immer noch nicht wirklich schlauer. War er Single? Fand er mich gut? Ich wusste es nicht. Das einzige, was ich wusste, war, dass ich mich in seiner Gegenwart wirklich wohl fühlte.
Irgendwann mussten wir dann aber los und fuhren in getrennte Richtungen. Ich ärgerte mich, weil ich mit Stefan nichts verabredet hatte und mir nicht sicher war, ob ich ihn überhaupt jemals wiedersehen würde. Abends fragte mich dann Julia, ob ich nicht Lust hätte, bei ihr mit ein paar Leuten zu grillen. Stefan war auch dabei, wie sich herausstellte. Später erfuhr ich, dass er hinter dem ganzen Plan steckte; er hatte mich genauso gern wiedersehen wollen, wie ich ihn.
Während des Grillens tranken wir ziemlich viel und es wurde immer später. Am Ende schlief Stefan dann bei mir im Bully. Am nächsten Morgen fuhr ich zurück nach Hamburg und setzte Stefan bei sich zu Hause ab. Ich war immer noch ganz geflashed und wie auf Wolke 7, hatte aber gleichzeitig Angst, mich da in etwas reinzusteigern. Weil ich den Tag noch frei hatte, fuhr ich mit meinen Mädels shoppen. Mir ging es die ganze Zeit über nicht so besonders toll. Wahrscheinlich der Schlafmangel, dachte ich mir. Als ich abends Fieber hatte, ging ich dann doch zum Arzt. Die Diagnose: eine Blutvergiftung. Ich war ein paar Tage vorher beim Surfen gestürzt und meine Tetanusimpfung war nicht mehr wirksam. Ich musste im Krankenhaus bleiben.
Ich schrieb Stefan, was passiert war und hoffte natürlich insgeheim, dass er mich besuchen kommen würde. Wirklich damit rechnete ich aber nicht, deshalb war ich auch ziemlich überrascht, als abends sein Auto vorfuhr und er mit einem riesigen Strauß Blumen ausstieg. Von da an waren wir quasi unzertrennlich. Als ich ein paar Tage später wieder entlassen wurde, fuhren wir zusammen zu mir nach Hause und er zog gleich mit ein. Früher war ich immer genervt gewesen, wenn irgendein Mann meine Wohnung zu lange belagerte, aber dieses Mal war alles anders. Ich konnte gar nicht genug von Stefan bekommen und freute mich über jede Sekunde, die er bei mir war.
Sechs Wochen später waren wir wieder auf Fehmarn. Es war der Abend des WM-Spiels Deutschland-Brasilien und wir waren zum Fußballgucken in einer Bar. Ich weiß gar nicht mehr genau, wie es kam, weil wir zu dem Zeitpunkt schon ein bisschen mehr getrunken hatten; irgendwie kamen Stefan und ich darauf, wie krass es doch sei, dass wir uns so gut verstehen, denn eigentlich waren wir ja beide – das hatten wir uns gegenseitig nach langen Gesprächen und Analysen vergangener Beziehungen bescheinigt – beziehungsgestört. Wir beide hatten es noch nie länger als ein paar Monate in einer Beziehung ausgehalten.
, sagte Stefan scherzhaft. Nach einem halben Jahr hört ja normalerweise diese Schockverliebtheit allmählich auf und so ganz allmählich setzt der Alltag wieder ein. „Also, ich würde dich sofort heiraten“, meinte ich und tja, was soll ich sagen, daraufhin ging Stefan auf die Knie und machte mir einen Antrag. Natürlich habe ich „Ja“ gesagt.
Ein paar Wochen später heirateten wir. In einem Leuchtturm auf Fehmarn. Meine Freunde dachten anfangs, das Ganze sei nur ein blöder Witz von mir, so wenig passte dieses Heiraten zu mir. Als sie es dann aber verstanden hatten, waren die Reaktionen aber eigentlich durchweg positiv. Und obwohl so mancher seine Zweifel hatte, ob wir nicht ein bisschen sehr spontan geheiratet haben, sind Stefan und ich immer noch superglücklich. Klar, inzwischen hatten wir auch mal ein paar Tiefs, aber wer hat das nicht? Entscheidend ist ja das Gesamtpaket. Und ich würde heute immer noch „ja“ sagen, genau wie morgen, übermorgen oder wann auch immer.
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